Atari XE 130

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Atari 130XE

Atari XE 130

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Am 13. Januar 1984 krachte es gewaltig in der Computerbranche: Jack Tramiel, der Gründer des Homecomputer Herstellers Commodore, verließ sein Unternehmen, dass er gemeinsam mit Irvin Gould gegründet hatte. Gründe und Vermutungen gab es viele, aber diese sind nicht Bestandteil dieses Artikels und werden in einem anderen beschrieben. Nach seinem Ausscheiden bei Commodore gründete Tramiel im Juli 1984 die Tramel Technology Ltd. mit dem Ziel, einen neuen Heimcomputer zu entwickeln. Im selben Jahr erwarb er von Warner Communications die defizitäre Heimcomputer- und Konsolensparte von Atari und gründete die Atari Corporation. Sein Plan sah vor, das Unternehmen zu restrukturieren und wettbewerbsfähige Produkte zu entwickeln, ähnlich wie zu seiner Zeit bei Commodore.

Neben dem geplanten 16bit Flaggschiff, dem Atari ST, sah er noch immer Potential im 8bit Markt, auch wenn die bis dato produzierten, hauseigenen Modelle Atari 600XL und 800XL sich nicht gegen den C64 behaupten konnten. Das Modell 600XL galt als unrentable und war zur Einstellung freigegeben. Geplant war noch der Abverkauf der bei der Übernahme übernommenen Lagerbestände, die bei etwa 100.000 Einheiten lag. Der Atari 800XL wurde dagegen nach einigen Optimierungen weiter auf dem Markt angeboten. Dennoch war ein Redesign geplant, da Jack Tramiel eine einheitliche Designsprache vorschwebte, die auf der Optik des Atari ST basieren und seine Leistung durch den ähnlichen Look transportieren sollte.

Im gleichen Zuge änderte Atari auch den Namen der 8bit Modelle vom Suffix XL (eXtended Line oder eXtended Lifestyle) zum Präfix XE (eXtended Line Enhanced, wobei einige, darunter auch die englische Wikipedia verlauten lässt, dass die Abkürzung „eXtended Line Eight-bit“ bedeuten würde. Dies erscheint merkwürdig, waren die bisherigen Modelle stets 8bit Computer). Die Bezeichnung Expanded deutet auf die erweiterten Funktionen im Vergleich zur XL-Serie hin. Auch die Nomenklatur wurde nicht ohne Grund gewählt, schließlich war die Zahl 130 größer als die des Commodore C128. Hiermit sollte Überlegenheit demonstriert werden. Dies geschah auch mit dem kleinen Bruder XE 65, der als Konkurrent zum C64 eingeführt wurde.

Der 130XE basierte auf dem MOS Technology 6502C-Prozessor, einem 8-Bit-Mikroprozessor mit einer Taktfrequenz von 1,79 MHz (NTSC) bzw. 1,77 MHz (PAL). Dieser Prozessor zeichnete sich durch einen reduzierten Befehlssatz aus, der eine effiziente und schnelle Verarbeitung grundlegender Befehle ermöglichte. Des Weiteren unterscheidet er sich vom Original durch einige spezifische Merkmale. Eine bedeutende Erweiterung ist die Einführung einer zusätzlichen HALT-Leitung. Diese HALT-Leitung ermöglicht es Peripheriegeräten oder Co-Prozessoren, den 6502C anzuhalten, um direkten Zugriff auf den Datenbus zu erhalten, ohne dass der Prozessor aktiv ist. Dies ist besonders nützlich in Systemen, in denen mehrere Komponenten denselben Speicher oder Datenbus teilen. Die Integration der HALT-Leitung im 6502C erleichterte die Koordination zwischen dem Prozessor und anderen Hardwarekomponenten, insbesondere in komplexen Systemen mit gemeinsam genutztem Datenbus. Dadurch gewann der 6502C an Vielseitigkeit und Leistungsstärke für unterschiedliche Einsatzbereiche. Ein zusätzlicher Gewinn: Durch den Einsatz des modifizierten Prozessors gelang es Atari vier zusätzliche Chips im Design einzusparen.

Ein weiterer Unterschied lag in der Speicherverwaltung. Der 130XE verfügte über den verbesserten "Freddie"-Speicherverwaltungs-Chip, der eine effizientere Speicheradressierung und -nutzung ermöglichte. Der 130XE verfügte über 128 KB RAM, wobei 64 KB als Hauptspeicher dienten und die restlichen 64 KB per Bankumschaltung adressiert werden konnten. Das ROM umfasste 24 KB, aufgeteilt in 16 KB für das Betriebssystem und 8 KB für Atari BASIC. Der Computer bot fünf Textmodi mit einer maximalen Darstellung von 40 x 24 Zeichen sowie eine Farbtiefe von 16 Farben mit jeweils 16 Intensitätsstufen. Für den Sound sorgte der POKEY-Chip (Potentiometer and Keyboard Integrated Circuit), der vier Stimmen über 3,5 Oktaven bereitstellte. Der von Doug Neubauer (dem Schöpfer von „Star Raiders“ und „Solaris“) entwickelte Schaltkreis war jedoch zu dieser bereits veraltet, da er für den Einsatz in den Atari Modellen 400 und 800 kreiert wurde, deren Veröffentlichung bereits 1979 war.

Der modulare Aufbau des 130XE ermöglichte die einfache Erweiterung durch Peripheriegeräte. Er verfügte über Anschlüsse für Joysticks, einen SIO-Port für Peripheriegeräte wie Diskettenlaufwerke und Drucker sowie einen Enhanced Cartridge Interface (ECI), der die Erweiterung um zusätzliche Hardware erleichterte. Geplante Peripheriegeräte umfassten unter anderem das 3½-Zoll-Diskettenlaufwerk XF351, Monitore wie den XC1411 und Farbdrucker wie den XTM201 und XTC201. Diese Geräte sollten die Funktionalität des 130XE erweitern, wurden jedoch aufgrund von Kostendruck und strategischen Entscheidungen nicht alle realisiert. Der Atari 130XE wurde nicht standardmäßig mit einem Massenspeicher ausgeliefert. Allerdings bot Atari verschiedene Peripheriegeräte an, um den Computer mit Massenspeicher zu erweitern. Das bekannteste Massenspeichergerät für den 130XE war das Atari 1050-Diskettenlaufwerk. Dieses Laufwerk konnte 5,25-Zoll-Disketten lesen und beschreiben und war sowohl mit dem Atari 130XE als auch mit anderen Atari 8-Bit-Computern kompatibel. Zusätzlich gab es auch das 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk XF351, das eine modernere Speichermedium-Option darstellte. Der 130XE war mit einem SIO-Anschluss ausgestattet, der es ermöglichte, diese externen Massenspeichergeräte einfach anzuschließen.

Der Atari 130XE ist größtenteils mit Spielen und Anwendungen kompatibel, die für die älteren Modelle Atari 400 und 800XL entwickelt wurden. So können Nutzer viele der bekannten Titel weiterhin auf dem 130XE genießen. In einigen Fällen kann es jedoch zu kleinen Abweichungen kommen: Um bestimmte Programme ordnungsgemäß auszuführen, muss beispielsweise das interne BASIC deaktiviert werden — dies geschieht durch Gedrückthalten der OPTION-Taste beim Einschalten. Zudem können regionale Unterschiede zwischen PAL- und NTSC-Systemen das Spielerlebnis beeinflussen. Software, die für NTSC programmiert wurde, läuft etwa 17 % schneller als auf einem PAL-System, was sich auf Gameplay und Sound auswirken kann. Trotz dieser Feinheiten bleibt der 130XE ein leistungsfähiges Gerät mit breiter Unterstützung für die bestehende Atari-Softwarebibliothek, wenn die passenden Einstellungen berücksichtigt werden.

Bei seiner Markteinführung im Jahr 1985 lag der Preis des Atari 130XE bei 299 US-Dollar. Unter Berücksichtigung der Inflation entspricht dies etwa 750 Euro im Jahr 2025. Die genaue Verkaufszahl des Atari 130XE ist nicht eindeutig belegt. Insgesamt wurden jedoch etwa zwei Millionen Atari-8-Bit-Heimcomputer verkauft, zu denen auch der 130XE gehörte, wobei dieser 1985 als letzter Vertreter der Reihe eingeführt wurde. Obwohl es keine spezifischen Zahlen für den 130XE gibt, ist bekannt, dass die XE-Serie, zu der er zählt, sowohl in Nordamerika als auch in Europa weit verbreitet war.

Veröffentlicht in Systeme.

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