EcoQuest: The Search for Cetus – 1991 by Sierra On-Line
EcoQuest: The Search for Cetus erschien 1991 als Teil der Sierra Discovery Series und sollte nicht nur unterhalten, sondern junge Spieler auf unterhaltsame Weise für den Umweltschutz begeistern. Entwickelt wurde das Spiel von einem Team rund um Gano Haine und Jane Jensen – letztere wurde später für die Gabriel-Knight-Reihe bekannt. Die Idee entstand nach einem persönlichen Erlebnis Haines, als sie als Jugendliche Zeugin wurde, wie ein einst sauberer Strandabschnitt durch Umweltverschmutzung völlig ruiniert wurde. Die Initialzündung zur Spielreihe war jedoch eine direkte Initiative von Sierra, die mit der Discovery Series gezielt Bildung und Unterhaltung verschmelzen wollte. Sierra-Chef Ken Williams war von der Grundidee eines kindgerechten Adventures mit ökologischer Botschaft begeistert und gab grünes Licht für das Projekt.
Die technische Basis des Spiels bildete Sierra’s Creative Interpreter Engine (SCI), dieselbe, die auch King’s Quest V und Space Quest IV zum Leben erweckte – allerdings diesmal vollständig auf Maussteuerung ausgelegt. Zielgruppe waren Kinder ab acht Jahren, aber auch Erwachsene konnten sich an der liebevollen Präsentation erfreuen. Bemerkenswert war, dass EcoQuest – anders als die meisten Sierra-Adventures – völlig ohne Todesfallen oder Sackgassen auskam. Der Spieler konnte das Spiel nicht „verlieren“, was für jüngere Spieler ein deutlicher Vorteil war. „Wir wollten, dass die Spieler Spaß haben und nebenbei lernen“, so Haine in einem späteren Interview.
Der Spieler übernimmt die Rolle von Adam Greene, dem Sohn eines Meeresbiologen, der sich mit einem sprechenden Delfin namens Delphineus anfreundet. Dieser ist ein Abgesandter der Unterwasserstadt Eluria, deren Herrscher, der riesige Pottwal Cetus, verschwunden ist. Adam begleitet Delphineus auf eine abenteuerliche Reise in die Tiefen des Ozeans, um Cetus zu finden und das Gleichgewicht der Meereswelt wiederherzustellen. Auf dem Weg dorthin begegnet er allerlei Meeresbewohnern, muss Rätsel lösen, Müll einsammeln und sich mit Themen wie Ölverschmutzung, Überfischung und Umweltzerstörung auseinandersetzen – jedoch stets spielerisch und niemals belehrend.
Das Spiel führte ein neues Icon in Sierras Interface ein – das Recycling-Symbol. Spieler konnten damit Müll im Spiel aufsammeln und wurden mit Punkten belohnt. Es war ein subtiler, aber effektiver Weg, um ein Bewusstsein für Umweltverantwortung zu fördern. Die Hintergrundgrafiken waren liebevoll handgezeichnet, die Farbpalette leuchtete in VGA-Pracht, und die Musik – komponiert von Chris Braymen – unterlegte das Geschehen mit einem angenehm entspannten, oft karibisch angehauchten Klangteppich. Braymen war zu dieser Zeit bei Sierra kein Unbekannter: Er vertonte unter anderem King’s Quest VI und Gabriel Knight.
Das Team hinter EcoQuest bestand neben Haine und Jensen unter anderem aus den Programmierern Jerry Shaw, Rick Comstock, Hugh Diedrichs, Neil Matz und Randy MacNeill. Produziert wurde das Spiel von Tammy Dargan, Regie führte William D. Skirvin. Die Entwicklung dauerte knapp ein Jahr. Währenddessen arbeitete das Team eng mit Meeresschutzorganisationen zusammen, darunter das Marine Mammal Center in Kalifornien. Es floss sogar ein Teil des Verkaufserlöses an ebenjene Organisation.
EcoQuest wurde auf 3,5- und 5,25-Zoll-Disketten veröffentlicht, später folgte eine CD-ROM-Version mit vollständiger Sprachausgabe. In dieser sprach Skirvins Sohn die Rolle von Adam – ein nettes Detail für die Familiengeschichte. Die deutsche Version erhielt ein komplett lokalisiertes Interface und ein Heft namens „Adams Öko-Nachrichten“, das sowohl als Lernmaterial als auch als Kopierschutz diente.
Ursprünglich waren auch Umsetzungen für Amiga und Macintosh geplant. Selbst eine Variante für das Multimedia-System Tandy VIS wurde angekündigt – alle wurden aber nie realisiert. Damit blieb EcoQuest PC-exklusiv.
Verkaufstechnisch war das Spiel eher ein Achtungserfolg als ein Mega-Hit. Zwar erhielt es durchweg positive Kritiken – mit Bewertungen zwischen 70 und 80 Prozent, vor allem wegen seiner Atmosphäre, Grafik und der gelungenen Verbindung von Spielspaß und Lerneffekt –, doch der kommerzielle Durchbruch blieb aus. Gano Haine sagte später, sie habe das Spiel intern als Nischenprodukt gesehen, das bei Sierra nicht als großer Erfolg gewertet wurde. Dennoch erschien 1993 mit Lost Secret of the Rainforest ein direkter Nachfolger.
Einige geplante Inhalte schafften es nicht ins Spiel. So sollte es ursprünglich einen weiteren Abschnitt in der Tiefsee geben, wo Adam mit Biolumineszenz experimentiert hätte, um ein Rätsel zu lösen – diese Szene wurde aus Zeitgründen gestrichen. Auch eine geplante Fortbewegung mittels Tauchboot fiel der Schere zum Opfer. Grafiker arbeiteten zeitweise an einem verfallenen Vergnügungspark unter Wasser – das Konzept wurde nie umgesetzt, einige Sprites fanden jedoch später in EcoQuest 2 Verwendung.
Die Trivia-Liste ist ebenfalls nicht zu verachten: In Adams Zimmer findet sich auf dem Monitor ein Screenshot aus King’s Quest V. Später begegnet man einem Geisterpiraten, der unverkennbar eine Parodie auf LeChuck aus Monkey Island darstellt. Und: Das Recycling-Symbol wurde später auch in anderen Sierra-Titeln übernommen, darunter in Pepper’s Adventures in Time.
Kontrovers war das Spiel dennoch. Sierra erhielt einige Beschwerden von konservativen Eltern, die dem Spiel „grüne Propaganda“ und „liberalen Aktivismus“ vorwarfen – tatsächlich wurde EcoQuest in einem Leserbrief einmal als „grüner PC-Kommunismus für Kinder“ bezeichnet. Ken Williams nahm es gelassen: „Wenn ein Spiel dafür kritisiert wird, dass es Kinder dazu bringt, keinen Müll ins Meer zu werfen – dann haben wir wohl etwas richtig gemacht.“
EcoQuest: The Search for Cetus ist damit ein außergewöhnlicher Titel seiner Zeit. Technisch solide, künstlerisch liebevoll und mit einer Botschaft, die auch heute noch aktuell ist. Kein lauter Blockbuster, aber ein leiser Held – und in den Herzen vieler damaliger Kinder ein unvergessliches Spiel.