Law of the West – 1985 by Accolade

Like & Share

Law of the West - 1985 by Accolade

Law of the WestDie Idee zu Law of the West entstand Anfang 1985 bei Accolade, nachdem Alan Miller die Vision formuliert hatte, ein interaktives Western-Abenteuer zu schaffen, in dem jede Entscheidung Konsequenzen trägt. Binnen sechs Monaten entwickelte ein kleines Team um Miller einen Prototyp, den man stolz im Firmennewsletter präsentierte: „Wir wollen den rauen Charme des Grenzgebiets in den eigenen vier Wänden erlebbar machen“. Die Veröffentlichung erfolgte im Sommer 1985 zunächst in Nordamerika auf Kassette für 9,95 USD, kurze Zeit später folgten Distribution über Diskette und eine Europa-Version durch U.S. Gold zu je £9.95 (Kassette) bzw. £14.95 (Diskette). Im japanischen Markt übernahm Pony Inc. die Lizenz, während American Action für Skandinavien sorgte.

Der Spieler schlüpft in die Rolle des Sheriffs von Gold Gulch und begegnet an der staubigen Main Street verschiedenen Bewohner der Stadt. Vor dem Saloon trifft man den betrunkenen Revolverhelden, dessen beleidigte Reaktion zwischen einer harmlosen Rauferei und tödlichen Duellen pendelt. Daraufhin führt der Weg ins Saloon-Interieur, wo eine barkeeperin auf eure Höflichkeit oder Frechheit reagiert. Im Anschluss kann man die Bank aufsuchen, wo ein nervöser Manager über einen drohenden Überfall klagt. Ein kurzer Abstecher zur staubigen Smithy, der Schmiede, ermöglicht eine Szene mit dem ruppigen Schmied, und im Hinterhof des Saloons lauert der Friedhof, auf dem man Leichenbestatter und Grabsteine gleichermaßen provozieren kann. Jeder dieser Schauplätze ist mit eigenständigen Grafik-Assets und Sound-Loops hinterlegt, sodass die Atmosphäre vom Knarrz der Saloon-Tür bis zum Klirren von Hufeisen eindringlich wirkt.

Die Dialogmechanik basiert auf vier Textoptionen: höflich, neutral, aggressiv oder drohend. Je nach Wortwahl eskaliert das Gespräch zu einem Duell, in dem Millisekunden über Leben und Tod entscheiden. Das Duellsystem nutzt eine einfache GOTO-basierte Code Sequenz, die den Spieler mit zufälligen Blickwinkeln konfrontiert, ehe sich der Counter zum Schuss löst. Mimi Doggett entwarf die Pixelgrafiken, während Ed Bogas den Soundtrack komponierte und so den Ton von „Western-Ambiente“ mit simplen Chiptune-Melodien einfing.

Die Punktevergabe erfolgt anhand mehrerer Kriterien: Jede gelungene Interaktion bringt zwischen 10 und 50 Punkten, abhängig von Höflichkeitsgrad und Schnelligkeit der Antwort. Ein gewonnenes Duell belohnt den Spieler mit 100 Punkten, während Fehleinschätzungen und verlorene Schusswechsel jeweils 20 Punkte abziehen. Wer alle NPCs in Gold Gulch positiv beeinflusst und alle Duelle siegreich besteht, kann einen Highscore von über 1000 Punkten erreichen.

Der Tod des Spielers ist immer dann möglich, wenn man in einem Duell unterliegt oder zu provokativ auftritt. Fällt der Sheriff im Duell, endet das Spiel sofort mit der Einblendung einer Grabinschrift, und die Endauswertung zeigt die erreichten Punkte sowie eine abschließende Moralbewertung. Dieses abrupt abschließende Szenario war für viele Spieler überraschend und trug wesentlich zur Spannung bei.

Die Fachpresse war gespalten: Zzap!64 lobte im April 1986 mit 78 % Wertung die innovativen Dialogbäume und die lebendige Western-Kulisse, bemängelte jedoch das hakelige Scrolling auf der straußenbreiten Hauptstraße. Commodore User vergab nur 2 von 5 Punkten, da ihnen das Zusammenspiel aus Text und schnellen Schusswechseln zu statisch erschien, während Your Commodore im September 1986 5 von 10 gab – hier hieß es, die Schauplätze seien liebevoll gestaltet, das Gameplay aber zu repetitiv.

Marktwirtschaftlich verkaufte sich Law of the West solide, aber ohne Blockbuster-Status. Offizielle Zahlen fehlen, doch Schätzungen gehen von 30.000 bis 50.000 verkauften Einheiten weltweit aus. In den USA und Großbritannien gehörte das Spiel zeitweise zur Mid-Price-Reihe, in Frankreich und Skandinavien war besonders die Atari-ST-Version beliebt und erhielt leicht höhere Wertungen in regionalen Magazinen. Eine Pressemitteilung von Accolade betonte nach sechs Monaten: „Law of the West hat sich als fester Bestandteil jeder Western-Sammlung etabliert“.

Kontroversen entzündeten sich an der moralischen Ambivalenz: Spieler konnten unbewaffnete Zivilisten in Duellen erschießen, was in Foren lebhafte Debatten auslöste. Alan Miller erklärte später: „Wir wollten Moral greifbar machen, auch wenn es die Spieler gegen den Strich bürstet“. Produktionsnotizen belegen, dass das Team während der Entwicklungszeit hitzig über die Auswirkungen von Gewalt in Spielen diskutierte und verschiedene Enden testete, um die Balance zwischen Authentizität und Kontroverse zu halten.

Neben der C64-Fassung entstanden schnell Konvertierungen für den Apple II und in Japan für das NES, sowie den PC-88. In Japan blieb der Titel weitgehend unter dem Radar, erhielt aber in Nischenmagazinen wie Oh!X positive Erwähnung.

Programmierer waren neben Alan Miller Bob Whitehead und Jim Levy; Mimi Doggett betreute Grafik und Benutzeroberfläche, Ed Bogas die Musik. Miller wechselte später in Management-Positionen und entwickelte Online-Advergames, Whitehead kehrte zu Atari zurück, Levy gründete eine eigene Indie-Entwicklerschmiede, Doggett arbeitete an Psi-5 Trading Company, und Bogas komponierte später für Superfrog und die Teenage Mutant Ninja Turtles-Spiele. Law of the West bleibt so ein Zeugnis früher narrativer Experimente im Heimcomputer-Zeitalter und ein Pionier in der Verbindung von Dialog und Gameplay.

Veröffentlicht in Games.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert