David Fox
Es gibt in jedem Business Stars. Man glaubt, dass nur diese für Innovationen und Kompetenz stehen, vergisst aber, dass jede Branche auch Menschen beinhaltet, die sich durchaus ihren Namen machen, ohne dabei immer präsent zu sein. Einer dieser weniger bekannten Köpfe ist David Fox, maßgeblich beteiligt an Rescue on Fractalus!, Zak McKracken and the Alien Mindbenders, Labyrinth, Maniac Mansion oder Indiana Jones and the Last Crusade: The Graphic Adventure beteiligt.
David Fox wurde am 30. Dezember 1950 in Los Angeles als Sohn von Richard und Margaret Fox geboren, die ihm schon in jungen Jahren Bastel- und Zeichenmaterial zur Verfügung stellten. Ein frühes Produktionsprotokoll aus dem Familienalbum dokumentiert, wie der zehnjährige David mit den Haushaltswerkzeugen seines Vaters eine kleine Lochkamera baute, um Stop-Motion-Animationen seiner Spielzeugfiguren festzuhalten – ein Hobby, das später sein Interesse an interaktiven Medien befeuern sollte.
Nach der High School begann Fox ein Ingenieurstudium an der University of California, Los Angeles, wechselte jedoch bald zur Sonoma State University, um sich auf Humanistische Psychologie zu konzentrieren. Während eines Sommerkurses in 1976 notierte er in seinen Studienjournalen: „Ich will nicht nur Maschinen bauen – ich will verstehen, wie Menschen denken und fühlen“, was später seine Spielephilosophie prägen sollte.
Begonnen hatte seine Computerkarriere im Jahr 1977, als er gemeinsam mit seiner Frau Annie Fox ein Computerzentrum für die Allgemeinheit, das Marin Computer Center, eröffnete. Seine Karriere ging weiter, als sie sich gemeinsam Spiele, die damals in BASIC geschrieben wurden, genauer anschauten. Diese waren häufig als Listings in Fachzeitschriften abgedruckt. Zu Beginn optimierte er die Eingabemöglichkeiten: Statt jedes Mal „Yes“ komplett eingeben zu müssen, genügte laut Fox fortan ein einfaches „Y“. Als er die Grundprinzipien beherrschte, portierte er zahlreiche Programme zwischen Betriebssystemen – etwa von CP/M zu Apple – für Magazine wie Creative Computing und für Scott Adams. Sein erstes kommerzielles Spiel war jedoch Mix and Match Muppets für das Sesamstraßen-Themenpark Sesame Place, in dem Kinder Körperteile beliebiger Muppets kombinieren konnten. Unterstützt wurde er dabei von dem 13-jährigen Programmierwunder Corey Kosak. Kurz vor der Eröffnung des Computercenters planten Annie und David einen Umzug nach Oregon, um günstigere Mieten zu nutzen, doch Davids Hoffnung, George Lucas eines Tages im Center begrüßen zu können, führte dazu, dass das Paar in Kalifornien blieb, obwohl Lucas sie nie besuchte. In ihrem Center arbeiteten sogar ehemalige Lucasfilm-Mitarbeiter.
Im Jahr 1982 veröffentlichte Fox gemeinsam mit Mitch Waite das Buch Computer Animation Primer. Waite coverte klassische High-End-Animationen auf Systemen wie dem Apple II, während Fox im zweiten Teil Schritt-für-Schritt-Anleitungen für den Atari 800 in BASIC und Assembler schrieb – erneut mit Hilfe von Corey Kosak. Recherchen für dieses Buch führten ihn in Studios, in denen er die Genesis-Effekt-Szene aus Star Trek II: Der Zorn des Khan und erste Arbeiten von John Lasseter (späterer Toy Story-Regisseur) bewundern konnte.
In der Woche, in der er das Manuskript des Buches abschloss, wurde Fox von Gary Leo (Lucasfilm) kontaktiert: Lucasfilm plante eine eigene Spieleabteilung und suchte Experten. Ein Gespräch mit Peter Langston ebnete ihm den Weg zu Lucasfilm Games, wo er als dritter Mitarbeiter eingestellt wurde. Ein von ihm angeregtes Treffen zwischen Loren Carpenter und Lucasfilm ermöglichte den Einsatz der Fraktal-Engine auf dem Atari 800 – der Geburtsstunde von Rescue on Fractalus!. Frühes Produktionsprotokolle dokumentieren, wie Carpenter den Atari auslieh und nach Wochen eine lauffähige Fraktal-Demo präsentierte. Fox entwarf daraufhin Story und Gameplay, während Carpenter, Charlie Kellner und Peter Langston an Sound, 2D-Animation und Nachtflug-Routinen arbeiteten. Während der Entwicklung der Engine arbeitet David jede zweite Nacht bis drei Uhr morgens an der Stabilisierung der 3D-Darstellung, um Framerate-Einbrüche zu vermeiden. In einem Memo an Kollegen schrieb er: „Wenn wir nicht diese Performance hinlegen, sieht unser Titel aus wie eine wissenschaftliche Demoszene – doch wir brauchen echtes Arcade-Feeling.“
Ursprünglich sollte das Spiel ganz ohne Schussmechanik auskommen: Fox, inspiriert von Hippie-Idealen, wollte nur durch Flugmanöver Gegner zu Abstürzen zwingen. Als George Lucas eine frühe Version testete und einen Feuer-Button vermisste, programmierte das Team kurzfristig eine Schussfunktion ein. Zusätzlich schlug George Lucas vor, dass nicht alle Personen auf der Oberfläche des Planeten, die nach Hilfe riefen, diejenigen waren, die sie vorgaben zu sein. Aus dieser Idee entstand das Jaggi-Monster, das nach Davids Meinung eine der besten Einfälle des Spiels war. Diese Kreatur tauchte auf der Windschutzscheibe des Rettungsschiffs auf und schlug so lange darauf ein, bis das Glas zerbrach und die toxische Atmosphäre den Spieler tötete – ein Moment, der nicht nur die Tester, sondern auch David Fox selbst jedes Mal erschreckte. Noch heute erinnert sich jeder Spieler an den Schauer während einer Partie Rescue on Fractalus!.
Die gesamte Entwicklung des Spiels erfolgte auf dem Atari 800, sollte aber auch für den Atari 5200 erscheinen. Im Rahmen des Vertrags mit Atari verschickte Lucasfilm unfertige Betaversionen von Rescue on Fractalus! und Ballblazer an Atari, damit diese vorab Einblick erhalten konnten. David und sein Team waren nervös, denn die Disketten waren völlig ungeschützt. Eine Woche später erfuhren sie, dass ihr Spiel auf fast allen Mailboxen in den gesamten USA gratis zum Download angeboten wurde – ein Desaster, das Atari von jeder Verantwortung freisprach und bis heute nicht vollständig geklärt ist.
Unbeirrt überarbeitete das Team das Spiel in den folgenden Monaten: Hauptsächlich betraf dies die Atari-5200-Version, doch nach der CES 1984 verkaufte Warner Communications den Großteil der Atari-Firma, wodurch der Vertrag mit Lucasfilm aufgelöst wurde. Epyx sprang als neuer Partner ein, verlangte jedoch Diskettenfassungen statt Module. Diese erforderten den Einbau eines Kopierschutzes und grafische Ladebildschirme, was weitere neun Monate Entwicklungszeit kostete. Rescue on Fractalus! erschien so erst im Frühling 1985, als 8 Bit Computer bereits im Niedergang begriffen waren. Um dennoch Gewinn zu erzielen, folgten rasch Konvertierungen für C64, IBM PC, Apple II, Amstrad CPC und Sinclair ZX Spectrum, die sich aufgrund der initial auf Atari begrenzten Raubkopien sehr gut verkauften.
1986 begannen die Arbeiten an Labyrinth, einer Adaption des gleichnamigen Kinofilmes mit David Bowie und Jennifer Connelly. David Fox entwickelte zusammen mit Aric Wilmunder und Ron Gilbert die Grundlagen dessen, was später als SCUMM-Engine bekannt werden sollte. Produktionsnotizen belegen, dass Fox bereits früh darauf drängte, die Trennung von Spielinhalten und der zugrundeliegenden Codebasis zu realisieren: „Wir müssen unsere Skripte in Textdateien auslagern“, schrieb er im Februar 1986, „damit Designer und Übersetzer nicht jedes Mal den Assembler anfassen müssen.“ Aus diesem Ansatz entstand das sogenannte Script Creation Utility for Maniac Mansion, kurz SCUMM, das ursprünglich zur Erleichterung von Labyrinth entwickelt wurde, jedoch erst mit Maniac Mansion seine volle Wirkung zeigte. Fox implementierte in der Prototyp-Version von Labyrinth bereits einen Parser für einfache Anweisungen wie MOVE, OPEN und EXAMINE, die in Script-Dateien abgelegt waren und bei Spielstart zur Laufzeit geladen wurden. Die frühe SCUMM-Iteration umfasste einen Interpreter im ROM sowie ein externes Tool, das der Entwicklungspartie erlaubte, Abenteuer-Skripte ohne Neuübersetzung einzubinden. In einer internen Milestone-Beschreibung heißt es: „SCUMM ermöglicht uns erstmals, die Geschichte in den Händen der Designer zu lassen und das Verhalten der Engine erst später zu kompilieren.“ Diese Architektur erlaubte es, Labyrinth in mehreren Sprachen gleichzeitig zu lokalisieren und legte den Grundstein für den modularen Aufbau von Dialogen, Inventargegenständen und Räumeinstellungen. Fox’ Konzept nahm direkten Einfluss auf die spätere SCUMM-basierten Titel und etablierte in der Branche einen neuen Standard für Adventure-Entwicklung.
Nach Abschluss von Labyrinth widmete sich Fox gemeinsam mit Gilbert der Verfeinerung der SCUMM-Tools: Sie fügten Debug-Kommandos, Variablen-Namen und bedingte Verzweigungen hinzu, um komplexere Szenarien und Puzzle-Designs zu ermöglichen. Die Engine debütierte offiziell mit Maniac Mansion, doch ihr Ursprung liegt untrennbar in Fox’ Arbeit an Labyrinth: The Computer Game. Während der Arbeit an Maniac Mansion verbrachte Fox mit Ron Gilbert ganze Nächte damit, den SCUMM-Dialogbaum zu verfeinern. Ein Geheimmemo von 1986 beschreibt, wie Fox und Gilbert bei einem Pizza-Lieferdienst anriefen und ihn baten, die Bestellung unter dem Codenamen "Green Tentacle" aufzunehmen – ein Spaß, der später als Buch Easter Egg im Spiel landete.
Nach Indiana Jones and the Last Crusade: The Graphic Adventure leitete Fox das „Mirage“-Projekt, eine VR Station für Vergnügungsparks. In internen Status-Reports findet sich die Notiz: „Hardware kostet uns jetzt schon mehr als das gesamte Maniac Mansion‐Budget.“ Deshalb wurde „Mirage“ eingestellt, obwohl erste Prototypen bei Testbesuchern Lob erhielten.
1992 verließ Fox LucasArts und wechselte zu Rocket Science Games, um dort an Cadillacs and Dinosaurs: The Second Cataclysm zu arbeiten, dass auf dem Comic Xenozoic Tales basierte. Hier entwickelte er die Story, die Skripte, sowie das interaktive Design des Spieles. Fun Fact: Das Handbuch versicherte, dass bei der Entwicklung des Spieles keine Dinosaurier zu Schaden gekommen seien.
Nach der Veröffentlichung des Spieles arbeitete er als freiberuflicher Berater an weiteren Spielen und wechselte 1996 zu LiveWorld Inc./Talk City. Hier schuf er eine Webseite zur Förderung von Jugendlichen, namens „The InSite“. In den vier Jahren seiner Tätigkeit dort wurde er Director of New Content. 2001 wechselte David zu Xulu Entertainment und produzierte mithilfe eines Stipendiums der liberalen und progressiven „William und Flora Hewlett Stiftung“ den Prototyp eines Lernspiels für Learning Friends.
2005 gründete er mit Kollegen das NewsTrust-Projekt. In einem Blog¬eintrag von Fox heißt es: „Gute Journalisten sind wie gute Entwickler – sie liefern Inhalte, die Vertrauen schaffen.“ Dieser Grundsatz zeigt sein durchgängiges Interesse an Community und Qualität.
Fox ist Mitgründer von Electric Eggplant. Im Entwickler-Tagebuch zu deren Spiel Rube Works erzählt er, wie er bei der Lizenz Verhandlung mit dem Enkel Rube Goldbergs scherzte: „Wenn er sehen könnte, was wir bauten, würde er uns wahrscheinlich verklagen – und ich würde es lieben.“
Im Dezember 2014 kündigte Ron Gilbert an, dass David Fox dem Team von Thimbleweed Park als Programmierer, Skripter und Autor beitrat; das Spiel erschien am 30. März 2017. Auch an Return to Monkey Island, das 2022 veröffentlicht wurde, wirkte Fox als leitender Programmierer mit.
Privat ist Fox verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. Er lebt im San Francisco Bay Area, wo er weiterhin an Prototypen arbeitet, in Podcasts über Spieleentwicklung auftritt und Coding-Workshops für Senioren gibt. In zahlreichen Interviews betont er, dass er stets weiterprogrammiert, um keine Idee ungetestet zu lassen. Auf seine Karriere zurückblickend, sagte David Fox: „Ich hätte damals mehr Zeit für Experimente einräumen und weniger nach Perfektion streben sollen – manche meiner schönsten Fehler waren die unperfekten Glitches.“
Sein Lieblingsprojekt bleibt bis heute Rescue on Fractalus!, weil es als erstes echte 3D-Fraktallandschaften mit nervenaufreibender Atmosphäre verband. Als Spieler schätzte er klassisch Asteroids und Adventure (Atari) und fieberte stets daraufhin, in neue Welten aufzubrechen – eine Leidenschaft, die ihn seit den Tagen seiner selbstgebauten Lochkamera begleitet.