Atari 800XL

Atari 800XL

atari 800xl

By Evan-Amos - Own work

Als Atari Anfang der achtziger Jahre noch als Synonym für Videospiele galt, schien die Welt des Unternehmens in Ordnung. Das Atari VCS 2600 füllte die Wohnzimmer, Space Invaders und Pac-Man wurden zu kulturellen Ikonen, und die Heimcomputer Atari 400 und 800 fanden ihr Publikum. Doch das Paradies währte nicht ewig. Commodore, Texas Instruments und Sinclair traten auf den Plan und stürzten die Branche in einen gnadenlosen Preiskrieg. Commodore hatte mit dem VIC-20 bereits 1981 ein günstiges Einsteigermodell etabliert und bereitete 1982 mit dem Commodore 64 den entscheidenden Schlag vor. Ataris Marktanteil fiel in nur zwei Jahren von etwa 25 % auf unter 10 %, während Commodore auf über 40 % emporschnellte. In Europa dominierte der ZX Spectrum, Texas Instruments subventionierte den TI-99/4A bis in die Verlustzone. Atari hingegen war schwerfällig geworden – gebremst vom Mutterkonzern Warner Communications, der kurzfristige Gewinne über technische Weitsicht stellte.

In den Laboren in Sunnyvale gärte derweil Unmut. Die Ingenieure fühlten sich ausgebremst, während Commodore-Chef Jack Tramiel mit ruinösen Preissenkungen den Markt aufmischte. Atari hatte hohe Produktionskosten und ein Management, das die eigene Technik kaum verstand. 1983 folgte der große Einbruch: Der Videospiel-Crash ließ die Gewinne kollabieren, E.T. und Pac-Man auf dem VCS 2600 wurden zu Symbolen des Überangebots, und das Unternehmen verlor über 500 Millionen Dollar.

Inmitten dieser Krise entstand ein Projekt mit dem internen Codenamen „Surely Plus“. Es sollte den teuren, fehlerbehafteten Atari 1200XL ersetzen und eine neue Generation erschwinglicher Heimcomputer einleiten. Ziel war ein 64-Kilobyte-Rechner, der die bewährte Atari-Architektur beibehielt, aber günstiger zu fertigen und weltweit kompatibel war. Das Team bestand aus erfahrenen Ingenieuren: George McLeod leitete das Hardware-Design und sorgte für die kompakte Ein-Platin-Lösung, Doug Neubauer, Schöpfer des POKEY-Chips und von Star Raiders, beriet bei der Integration der Spezialchips, Regan Cheng entwarf das elegante Gehäuse, und Paul Laughton, Autor des Atari DOS, betreute den Übergang des Betriebssystems in das neue ROM. Die Grundlagen der Architektur stammten noch von Jay Miner und Joe Decuir (der später den USB Port mitentwickelte), die zwar längst zu Amiga-bzw. Tandem-Computers weitergezogen waren, deren Chip-Designs – ANTIC, GTIA und POKEY – aber weiterhin Herz und Seele des Systems bildeten.

Der Atari 800XL wurde am 5. Juni 1983 auf der Summer CES in Chicago vorgestellt. Die Produktion lief im Sommer an, doch Lieferprobleme verzögerten den Start. Eine aufwändige Werbekampagne mit Alan Alda aus M*A*S*H sorgte für Aufmerksamkeit, doch zum Weihnachtsgeschäft fehlten Geräte in den Regalen. Erst Anfang 1984 normalisierte sich die Lage – da steckte Atari bereits tief in Umstrukturierungen.

Als der 800XL endlich regulär erschien, kostete er 299 US-Dollar (heute rund 860 Euro). In Westdeutschland kam er im Frühjahr 1984 für 798 DM (etwa 770 Euro) auf den Markt. Das von Regan Cheng entworfene Gehäuse war kompakter und funktionaler: der Cartridge-Slot wieder oben, die Joystick-Ports an der Seite, die Platine aufgeräumt und servicefreundlich.

Herzstück war die MOS 6502-Variante Sally mit rund 1,79 MHz Taktfrequenz, unterstützt von drei Custom-Chips: ANTIC, der Grafik-Coprocessor, der den Bildschirm zeilenweise aus dem RAM aufbaute; GTIA, zuständig für Farbverwaltung, Sprites und Kollisionen; und POKEY, der vier Soundkanäle, Tastatur und serielle Kommunikation steuerte. Das Resultat war für 1983 beeindruckend: eine Auflösung bis 320 × 192 Pixel, 256 Farbtöne mit bis zu 16 gleichzeitig auf dem Bildschirm – und ein Klang, der zwar nicht ganz an den legendären SID des C64 heranreichte, dafür aber vier Stimmen gleichzeitig erlaubte.

Das Betriebssystem lag fest im ROM (24 KB) und enthielt bereits Atari BASIC, das beim Einschalten automatisch startete. Über das Parallel Bus Interface (PBI) konnten theoretisch Erweiterungen wie die nie erschienene 1090XL Expansion Box angeschlossen werden, und die bewährte SIO-Schnittstelle verband Diskettenlaufwerke, Drucker und Modems per Daisy-Chain – ein frühes Plug-and-Play-System.

Standard-Massenspeicher war das Atari 1050-Diskettenlaufwerk, flankiert vom Kassettengerät XC12. Das Zubehörangebot war gewaltig: Drucker, Grafiktabletts, Akustikkoppler, sogar Sprachmodule. Die Happy Computer schrieb 1984 anerkennend: „Das Zubehörangebot ist fast unerschöpflich – der 800XL wirkt wie ein professionelles System im Heimcomputer-Format.“

Im Vergleich zum Commodore 64 war der 800XL in Grafik und Rechenleistung überlegen, sein BASIC schneller, die Bildausgabe schärfer. Doch Commodore verfügte über das größere Softwareangebot und niedrigere Preise. Der Sinclair ZX Spectrum war billiger, aber technisch unterlegen, und der Apple II teurer, aber in Bildungseinrichtungen etabliert. So fand Atari mit dem 800XL ein respektables, aber schwieriges Mittelmaß – ein Gerät für Kenner.

Trotz der wirtschaftlich schwierigen Zeit erwies sich der Atari 800XL als ausgesprochen leistungsfähige Spielmaschine. Seine fortschrittliche Architektur mit den drei Spezialchips ANTIC, GTIA und POKEY machte ihn zu einem Traum für Entwickler, die nicht nur Text oder simple Sprites, sondern komplexe, farbintensive Szenen erschaffen wollten. Titel wie Star Raiders demonstrierten bereits eindrucksvoll die 3D-Fähigkeiten der Plattform, während Rescue on Fractalus! und Koronis Rift von Lucasfilm Games zeigten, wie Fraktalgrafik und dynamische Perspektiven auf einem 8-Bit-Rechner aussehen konnten. Ballblazer setzte Maßstäbe durch seine algorithmisch erzeugte Musik und Splitscreen-3D-Darstellung, Dropzone von Archer MacLean bewies, dass butterweiches Scrolling und Reflex-Action selbst ohne Hardware-Sprites möglich waren. Klassiker wie M.U.L.E., Boulder Dash und Seven Cities of Gold nutzten die Systemreserven intelligent aus und prägten ganze Spielegattungen – von Wirtschaftssimulationen bis zu Explorationstiteln. Auch die POKEY-Soundfähigkeiten ermöglichten eindrucksvolle Klanglandschaften, etwa in Necromancer oder Blue Max. Im Vergleich zum Commodore 64 fehlten dem Atari zwar die Filtereffekte des SID-Chips, doch seine Grafikengine war flexibler, seine Farbvielfalt größer, und viele Entwickler lobten die klare Bildqualität über den Monitor-Ausgang. In Fachmagazinen jener Zeit galt der 800XL als „Maschine für Kenner“ – weniger Massenprodukt als Kultinstrument für Spieler, die technische Raffinesse zu schätzen wussten. Bis weit in die späten Achtziger hinein entstanden auf ihm in Deutschland, den Niederlanden und Polen noch Demos und Spiele, die zeigten, dass der elegante XL auch als reine Spieleplattform zu den besten 8-Bit-Computern seiner Ära zählte.

1984 verkaufte Atari rund 700 000 Heimcomputer, während Commodore über zwei Millionen C64 absetzte. Als Jack Tramiel im Juli 1984 Atari Corp. übernahm, senkte er die Preise drastisch; der 800XL wurde rasch zum günstigsten 64-KB-Computer seiner Klasse. In Europa blieb er populär, besonders in Deutschland, wo bis 1988 rund 500 000 Geräte verkauft wurden.

Ein unerwartetes Nachspiel folgte in Osteuropa: Mit der Öffnung der Märkte ab 1988 nahm Atari die Produktion wieder auf – in der leicht überarbeiteten XLF-Version mit dem neuen FREDDIE-Chip. In Polen, der Tschechoslowakei und der DDR wurde der 800XL zum ersten offiziell importierten West-Heimcomputer. Bis 1991 liefen Neuauflagen vom Band, meist im Bundle mit dem XC12-Laufwerk.

Rückblickend gilt der Atari 800XL als das ausgewogenste Modell der 8-Bit-Familie. Er verband Leistung, Eleganz und Benutzerfreundlichkeit zu einem System, das trotz widriger Marktbedingungen Maßstäbe setzte. Seine Architektur war ein Vermächtnis von Jay Miner, weitergeführt von McLeod und Neubauer, veredelt von Cheng und Laughton – ein echtes Gemeinschaftswerk der alten Atari-Schule.

Ein Entwickler sagte später rückblickend: „Surely Plus war unser Rettungsboot – klein, wendig, aber gebaut mit dem Herzblut von Leuten, die Atari noch glaubten.“ Und genau das war er: ein Computer, geboren aus der Krise, geschaffen mit Stolz, und bis heute ein Symbol für die goldene Ära der Heimcomputer.

Sharp MZ-80K

Sharp MZ-80K - Kein BASIC, kein Problem – Der Computer für Puristen

sharp mz 80k

By Wolfgang Stief - https://www.flickr.com/photos/stiefkind/24494009598/

Als Sharp 1978 in Japan den MZ-80K vorstellte, war das mehr als nur eine weitere 8-Bit-Kiste – es war der Versuch, den Personal Computer in ein japanisches All-in-One-Gewand zu kleiden: Monitor, Kassettendeck und Tastatur in einem robusten Gehäuse, das sich wie eine Werkbank öffnen ließ. In Europa kam die fertige Version ab August 1979 in den Handel, mit einem Listenpreis von rund 1.800 DM in Deutschland und etwa £600 im Vereinigten Königreich; die Zeitgenossen sahen ihn damit als ernsthaften Gegenspieler zu Commodore PET und Tandy TRS-80, während Apples farbiger Spieltrieb in dieser Preisklasse ohnehin außer Reichweite lag. Dass Sharp den MZ-80K als „Clean Computer“ positionierte – ein Rechner ohne fest verdrahtete Sprache im ROM, der beim Einschalten erst ein BASIC oder ein anderes System von Kassette lädt – machte ihn zum Lieblingsobjekt für Puristen, die Kontrolle wollten statt Bevormundung: „…adopted a system to load an interpreter from a cassette tape to RAM (‘Clean Computer System’)…“, notierte das japanische Informatik-Museum rückblickend nüchtern, und traf damit den Kern des Konzepts.

Unter der Haube arbeitete Sharps eigener LH0080A – ein Z80A-kompatibler 8-Bit-Prozessor mit 2 MHz, der über einen 16-Bit-Adressbus 64 KB Raum erschließt und damit exakt jenes Ökosystem bedient, in dem sich Ende der Siebziger zahllose Tools, Sprachen und spätere CP/M-Welten tummelten. Je nach Ausführung brachte der MZ-80K 20 KB, 36 KB oder 48 KB RAM mit; in der Praxis standen – abhängig vom jeweils geladenen Interpreter – um die 32 KB für Nutzprogramme bereit. Die Platine war sorgfältig gesockelt, der Deckel samt 9–10-Zoll-Bildschirm über ein Scharnier hochklappbar, das eingebaute Kassettenlaufwerk lief mit ca. 1200 Bit/s zuverlässig und schneller als so mancher Konkurrenz-Recorder. Dass die Maschine kein ROM-BASIC hatte, war kein Fehler, sondern Absicht: BASIC, Pascal, FORTRAN oder ein Monitor konnten beliebig geladen werden – Hudson Soft und andere füllten diese Freiheit früh mit Leben.

Die Anzeige war monochrom und klar, im Standard 40 Spalten × 25 Zeilen. Einen echten Hi-Res-Bitmap-Modus bot das Erstmodell nicht; dafür ließen sich über vordefinierte Zeichensatz-Kacheln semigrafische Bilder im groben Raster um etwa 80 × 50 „Punkte“ zusammensetzen – genug für Diagramme, Spiele und Lehrgrafik, aber natürlich kein Vergleich zu den Farbaugen des Apple II. Gerade im Unterricht war die ruhige, flimmerarme Darstellung jedoch ein Vorteil. Wer mehr brauchte, rüstete später per Interface-Box Disketten-Controller oder Drucker nach; als Primärspeicher blieb in der Anfangszeit die Kassette.

Der Klang des MZ-80K ist ein hübsches Kuriosum. Ein dedizierter Soundchip fehlt, doch der Rechner treibt über den Prozessor einen internen Lautsprecher an; behelfsmäßig – möchte man meinen. Tatsächlich bescheinigten zeitgenössische Handbücher und Vereine dem System eine musikalische Spannweite von etwa drei Oktaven, und in BASIC fanden sich entsprechende Noten-Befehle. Für den Ernstfall blieb es Pieps- und Warntönen überlassen, aber im Hobby- und Bildungsbereich bewies der MZ-80K, dass man mit Timing-Loops und sauberer Routine mehr als nur „BEEP“ hervorbringen konnte.

Mechanisch wirkt der Erstling wie aus einem Guss: 270 × 410 × 470 mm, rund 14 kg – viel Stahlblech, kaum modische Flausen. Die 78-Tasten-Matrix mit quadratischen Keycaps ist der größte Stolperstein: funktional, aber eigenwillig, mit einer Lernkurve, die Tester damals als „nicht standard-konform“ kritisierten. Genau deshalb bekam die Folgegeneration bald eine „richtige“ Schreibmaschinentastatur; beim K-Modell bleibt die Raster-Optik ikonisch, aber objektiv ein Nachteil für Vielschreiber.

mk80k advertDie Entstehungsgeschichte lebt von einem Namen, der in der Unternehmenschronik mehrfach auftaucht: Kunio Nakanishi. Er führte in Sharps Bauteile-Sparte das Team, das vom 4-Bit-Bausatz MZ-40K (Frühjahr 1978) zum „assemble-it-yourself“-MZ-80K (Dezember 1978) marschierte – erst als Bausatz in Japan, ab 1979 dann als fertig montiertes Gerät für Europa. Dieses organisatorische „Von unten nach oben“ prägte die Serie; erst 1981 bündelte Sharp die verstreuten Aktivitäten in einer eigenen PC-Division. Nakanishi steht damit als Ingenieur-Figur für ein sehr japanisches Vorgehen: erst solide Technik in kleinen, beherrschbaren Schritten, dann größere Serien und Varianten.

Der Marktstart war selbstbewusst: Deutschland 1.800 DM (Computerwoche, 17. August 1979), UK £600 (Birmingham Business Show, Oktober 1979). Inflationsbereinigt ergeben sich – je nach Index – in heutiger Kaufkraft etwa 2.400 – 2.600 € für die deutsche Preisangabe (1.800 DM ≈ 920 € zur Euro-Einführung; mit einem groben Faktor ~2,7 bis 2025 ≈ 2.5 Tsd. €) und rund 3.800 – 4.200 € aus britischen £600 von 1979. Diese Spannweite ordnet den MZ-80K klar im oberen Segment seiner Zeit ein: teurer als ein TRS-80/16K, ungefähr auf PET-3032-Niveau – und doch für Schulen, Hochschulen und ambitionierte Haushalte attraktiv genug. Dass er sich in Europa „trotz hohen Preises gut verkaufte“, ist in mehreren zeitgenössischen Rückblicken notiert; absolute Stückzahlen nennt Sharp nicht, die Verbreitung zeigt sich aber an der frühen Zubehör- und Kassettensoftware-Dichte.

Im Alltag überzeugte der MZ-80K durch Zuverlässigkeit. Das eingebaute Bandlaufwerk war – anders als externe Heimtonband-Lösungen – sauber integriert, mit Zähler und Steuerung; die Klapphaube erleichterte Service, gesockelte Chips halfen im Defektfall. Dass man beim Einschalten erst BASIC laden musste, empfanden viele nicht als Bürde, sondern als Souveränität: Heute BASIC, morgen Pascal, übermorgen Assembler – der Rechner blieb „sauber“. In der Presse jener Jahre taucht genau dieses Argument immer wieder auf, flankiert von Lob für die solide Verarbeitung und Kritik an der Tastatur. Das britische Computing-Museumsprofil fasst die frühe Wahrnehmung hübsch zusammen: 10-Zoll-Monitor, 78-Tasten-ASCII-Keyboard, integriertes Tape – „all-in-one“, aber eigenwillig.

Im Vergleich zur Konkurrenz war der MZ-80K ein Mischwesen aus Tugenden und Schrullen. Gegen den PET punktete er mit dem zuverlässigeren internen Recorder und der Flexibilität des Clean-Konzepts; gegen den TRS-80 hielt er mit solider Mechanik und dem fein gearbeiteten All-in-One-Gehäuse dagegen; gegen den Apple II musste er die Waffen strecken, sobald Farbgrafik oder echte Hi-Res gefragt waren. Als Schul- und Laborrechner war er hingegen dank Zubehör-Boxen und späterer CP/M-Option erstaunlich anschlussfähig; die große Parallel- und Seriell-Schnittstellen-Box mit Centronics-Port und Disk-Controller war zwar kostspielig, schloss aber funktionale Lücken. Genau hier liegt die Essenz: Der MZ-80K war weniger ein Heim-Spielzeug als ein kleiner, ehrlicher Arbeitsplatz.

Anekdotenhaft bleibt die Tastatur das liebste Feindbild. Wer zu schnell tippte, provozierte Ghosting im schlichten Matrix-Scan; wer die schräge Return-Position suchte, fluchte kurz – und schrieb dann weiter, weil der Rest stimmte. Manche Clubs bauten in den frühen Achtzigern sogar Adapter, um handelsübliche ASCII-Keyboards anzuschließen; die Szene war lebendig, und Sharps Nutzervereine dokumentierten eifrig BASIC-Derivate, Compiler und kleine Hilfsmonitore. Dass Sharp seine Manuals Jahre später offiziell digitalisierte, ist ein schönes Fußnoten-Detail zur Pflege dieser Geschichte.

Strategisch führte der MZ-80K Sharp in eine neue Richtung. Aus der Bauteile-Ecke wuchs über MZ-80K/80C/80A eine komplette Computerschiene, bis hin zu den farbfähigen, stärker multimedialen MZ-700/800-Abkömmlingen – zugleich bereitete die TV-Sparte den X1 vor, der intern für Reibung sorgte und die Grafik-/Sound-Messlatte anhob. Im Rückblick sehen selbst unternehmensnahe Chroniken den MZ-80K als den echten „Ersten“, der Image schuf, Ingenieursstudenten anzog und Marktpräsenz gab – auch wenn später X- und schließlich X68000-Linien den Ton angaben. Für Sammler ist der K-Erstling heute das „Grundgestein“ der MZ-Familie: kein Spitzenreiter in jeder Disziplin, aber der Anfang von allem.

 

NIIVK Agat 4/7

Agat - Made in Leningrad: Der andere Apple II

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By Sergei Frolov, Soviet Digital Electronics Museum, http://www.leningrad.su/museum/ - Own work

Als Anfang der achtziger Jahre im Westen Personalcomputer in Wohnzimmern Einzug hielten, blieb der digitale Fortschritt jenseits des Eisernen Vorhangs ein Traum aus Zeitschriftenfotos und Parteiberichten. Doch irgendwo in den Laboren von Leningrad und Moskau dachten Ingenieure laut darüber nach, wie man einen solchen Rechner selbst entwickeln könnte – mit sowjetischen Mitteln, unter sowjetischen Bedingungen. 1983, im Jahr, als der Apple II e längst ein Klassiker war, erschien der erste funktionsfähige Prototyp eines neuen, rein inländischen Systems: der Agat (Агат), benannt nach einem Halbedelstein, Symbol für Beständigkeit und Glanz. Der Name war Programm – dieser Computer sollte zeigen, dass auch der Sozialismus seine eigenen Edelsteine hervorbringen konnte.

Die Entwicklung begann am Wissenschaftlich-Technischen Zentrum für Rechentechnik in Leningrad unter der Leitung des Ingenieurs Анатолий Фёдорович Иоффе (Anatolij F. Ioffe). Ihm zur Seite stand der junge Konstrukteur Александр Юрьевич Кривцов (Alexander J. Kryvtsov), der später an der Leningrader Polytechnischen Universität lehrte. Beide Männer verband ein gemeinsames Ziel: ein System zu schaffen, das funktional mit dem Apple II vergleichbar war, aber vollständig aus sowjetischen Komponenten bestand. Der Westen sollte als Inspiration dienen, nicht als Lieferant.

Der erste Prototyp, das Agat-4, war ein technisches Abenteuer. Da der MOS 6502, Herz des Apple II, in der UdSSR nicht erhältlich war, griff man zu einer cleveren, wenn auch schwerfälligen Lösung: Der sowjetische К580ВМ80А, ein Nachbau des Intel 8080, wurde mithilfe zusätzlicher Logikschaltungen so programmiert, dass er den 6502-Befehlssatz emulieren konnte. Diese Emulation war ein Meisterstück der Improvisation – und zugleich ihre größte Schwäche. Während Apples Rechner jeden Maschinenbefehl direkt verarbeitete, musste der Agat-4 ihn umständlich übersetzen, was die Ausführung verlangsamte. Dennoch lief er stabil genug, um Programme in BASIC auszuführen und einfache Grafikroutinen darzustellen.

Die Ingenieure setzten alles daran, den Rechner so kompatibel wie möglich zu gestalten. Seine Speicherarchitektur orientierte sich an westlichen Vorbildern: 48 Kilobyte RAM, erweiterbar auf 128 KB. Die Platine bot mehrere 60-polige Erweiterungsslots – mehr als beim Apple II, allerdings mechanisch inkompatibel, was westliche Karten ausschloss. Damit wurde ein sowjetisches Paradoxon geschaffen: ein offenes System, das sich politisch geschlossen gab.

Der Bildschirm, meist ein in grünem oder bernsteinfarbenem Ton glimmender CRT, zeigte Text in 32 × 32 oder 64 × 32 Zeichen, dazu Grafikmodi bis 256 × 256 Pixel. Die frühen Agat-4-Modelle konnten 8 bis 16 Farben darstellen, wenngleich die Farbsättigung stark von der jeweiligen Röhrensorte abhing. Viele sowjetische Schulen verwendeten einfache monochrome Monitore, sodass der Agat in Erinnerung meist in sanftem Grün leuchtet – wie ein Fenster in eine Zukunft, die in Leningrad ein wenig anders aussah als in Kalifornien.

Als Massenspeicher diente zunächst ein handelsüblicher Kassettentonbandrekorder, später kam ein 5,25-Zoll-Diskettenlaufwerk mit etwa 140 KB Kapazität hinzu. Das Betriebssystem war eine sowjetische Adaption von Apple DOS 3.3, übersetzt und modifiziert, um den Emulationsprozessor zu unterstützen. Hinzu kam ein angepasster BASIC-Interpreter, genannt Бейсик-60, später Бейсик-67, dessen Dokumentation mit staatskonformen Parolen gewürzt war. In einer frühen Broschüre hieß es stolz: „Агат – первый шаг к социалистическому киберпространству.“ – „Der Agat ist der erste Schritt in den sozialistischen Cyberspace.“

Doch die Limitierungen des Agat-4 machten sich rasch bemerkbar. Viele Programme liefen zu langsam oder stürzten ab, wenn komplexe Grafikoperationen verlangt wurden. Also entwickelten Ioffe und Kryvtsov eine überarbeitete Version, die 1984 als Agat-7 in Serie ging – das erste wirklich massenproduzierte Modell. Diese Version setzte erstmals auf eine echte sowjetische Kopie des 6502-Prozessors (den КР580ВМ1) mit 1 MHz Taktfrequenz. Dadurch stieg die Geschwindigkeit deutlich, und die Kompatibilität zu Apple-Software wurde verbessert. Jetzt war es möglich, westliche Programme zumindest teilweise auszuführen, wenn sie zuvor auf sowjetischen Disketten übertragen worden waren.

agat7 1 768x917Der Agat-7 erhielt außerdem ein robusteres Metallgehäuse, eine neue Tastatur mit kyrillischer und lateinischer Beschriftung, sowie ein Netzteil, das nicht mehr regelmäßig überhitzte. Für die Massenfertigung sorgte das Werk „МЭЗ“ in Murom, das im Auftrag des Bildungsministeriums jährlich Tausende Geräte produzierte. Bis 1988 waren über 12 000 Agat-Rechner ausgeliefert, die meisten davon in Schulen und wissenschaftlichen Einrichtungen.

Mit einem Preis von etwa 3 900 Rubel war der Agat-7 jedoch ein Luxusartikel. Umgerechnet entsprach das etwa dem zehnfachen Jahresgehalt eines Lehrers, oder rund 15 000 bis 17 000 Euro nach heutiger Kaufkraft. Kein sowjetischer Bürger hätte ihn sich privat leisten können. Doch die Regierung sah im Projekt eine Investition in Bildung und nationale Unabhängigkeit. Der Agat wurde das Herzstück des Programms „Информатика для всех“ – „Informatik für alle“. In Hunderten Schulen entstanden Informatikkabinette mit je fünf bis zehn Rechnern. Der charakteristische Geruch nach erwärmtem Bakelit, Staub und Lötzinn wurde für eine ganze Schülergeneration zum Duft der Zukunft.

Die Entwickler des Agat erlebten ihre Arbeit zwischen Stolz und Frustration. In Interviews berichtete Ioffe später, man habe „gegen das Material gearbeitet“ – viele Bauteile seien unzuverlässig oder schwer zu beschaffen gewesen. Kryvtsov erinnerte sich, wie sie Platinen manuell testeten, weil automatische Prüfgeräte fehlten: „Manchmal funktionierte ein Agat nur, wenn man ihm gut zuredete.“ Diese Mischung aus Witz und Resignation zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte des sowjetischen Computings.

Apple selbst reagierte nie offiziell. In Cupertino wusste man von Klonen hinter dem Eisernen Vorhang, aber da keine Handelsbeziehungen bestanden, sah man darüber hinweg. In einem später veröffentlichten Memo aus dem Jahr 1984 soll ein Manager süffisant bemerkt haben: „If imitation is the sincerest form of flattery, the Russians must love us very much.“ („Wenn Nachahmung die ehrlichste Form der Schmeichelei ist, müssen die Russen uns wirklich sehr lieben.“) Tatsächlich fühlten sich viele sowjetische Ingenieure von Apple inspiriert, ohne das Gefühl zu haben, etwas zu stehlen – sie sahen sich eher als Übersetzer einer Idee in ihre eigene Sprache.

Im Vergleich zu anderen sowjetischen Rechnern – etwa dem BK-0010 oder dem Корвет (Korvet) – war der Agat weniger modern, aber symbolisch bedeutsamer. Er war das sichtbare Zeichen, dass Mikrocomputer in der UdSSR nicht länger nur im militärischen oder wissenschaftlichen Bereich existierten. Schüler schrieben ihre ersten BASIC-Programme, Lehrer experimentierten mit Lehrsoftware, und an Universitäten entstanden die ersten sowjetischen Spiele, inspiriert von westlichen Vorbildern, aber eigenwillig umgesetzt.

Die Pros des Agat waren seine robuste Bauweise, seine Erweiterbarkeit und die gute Dokumentation für den Bildungssektor. Die Contras: begrenzte Geschwindigkeit, hohe Kosten und Inkompatibilität zu echter Apple-Hardware. Dennoch erfüllte der Rechner seinen Zweck. Er lehrte Denken in Strukturen, Schleifen und Logik – und das in einer Gesellschaft, in der solche Denkweisen selten gefördert wurden.

Als das Projekt Anfang der neunziger Jahre auslief, hinterließ der Agat keine industrielle Revolution, wohl aber eine intellektuelle. Viele spätere russische Programmierer und Elektronikentwickler begannen ihre Laufbahn an einem dieser grün flimmernden Monitore. Heute stehen funktionstüchtige Geräte in Museen und Sammlungen, manche noch mit Original-Disketten, auf denen in kyrillischer Handschrift „Учебные программы“ – „Lernprogramme“ – steht.

Rückblickend war der Agat vielleicht weniger ein Computer als ein kulturelles Experiment: der Versuch, den westlichen Traum vom Personal Computer in den Kontext des Sozialismus zu übersetzen. Und während der Apple II in Kalifornien die Fantasie von Freiheit befeuerte, stand der Agat in Leningrad für die Hoffnung, dass Wissen selbst im Schatten des Eisernen Vorhangs blühen konnte.

ICL One Per Desk (1981)

ICL One Per Desk (1981)

one per desk

By Logg Tandy, CC BY 4.0

Der ICL One Per Desk (OPD) wurde 1984 in Großbritannien als visionäres Hybrid aus Personal Computer und Telefonterminal vorgestellt. Sein Name war Programm: Jedem Büroangestellten sollte so ein Gerät „One Per Desk“ zur Verfügung stehen – ein ehrgeiziger Anspruch, der die damalige Computervision von ICL widerspiegelte. Tatsächlich ging die Entwicklung bereits 1981 aus einer Kooperation zwischen International Computers Limited (ICL), Sinclair Research und British Telecom hervor. Ursprünglich plante man sogar, Sinclairs neuartige Flachbildschirm-Technologie zu verbauen. In einer ICL-Pressemitteilung von 1982 hieß es: „Im Dezember 1981 kündigte ICL an, gemeinsam mit Sinclair Research eine ultraniedrigpreisige integrierte Terminal-/Digitaltelefon-Arbeitsstation zu entwickeln, die Sinclairs Flach-Bildschirm-Technologie und Sinclair BASIC einsetzen sollte. Damals wurde sie unter dem Namen ‘One Per Desk IT Work Station’ getauft.“ Die Vision eines kompakten Computertelefons blieb – der Flachbildschirm hingegen erwies sich als unreif und wurde verworfen. So erschien der OPD 1984 mit konventionellem Monitor, aber immer noch vollgepackt mit innovativen Ideen für den Geschäftsalltag.

Der One Per Desk basiert technisch auf dem Heimcomputer Sinclair QL, dessen Kernkomponenten er übernimmt. Im Herzen arbeitet ein Motorola 68008 Mikroprozessor – ein 32-Bit-Prozessor mit 8-Bit-Datenbus – derselbe wie im QL, getaktet mit etwa 7,5 MHz. Er kann mehrere Programme quasi gleichzeitig ausführen, was perfekt zum hektischen Alltag eines Managers passen sollte. Dem Prozessor standen anfangs 128 KB RAM zur Seite, von denen 32 KB für die Bilddarstellung reserviert waren. Zusätzlich verfügte der OPD über 2 KB batteriegepuffertes CMOS-RAM für Konfigurationen und Kurzwahlverzeichnisse – so blieben Einstellungen auch im Dauerbetrieb erhalten. Das Gerät war auf langfristigen 24/7-Einsatz ausgelegt und verzichtete bewusst auf einen Netzschalter; stattdessen war es permanent betriebsbereit, um Anrufe entgegenzunehmen. Die Stromversorgung und Bildsteuerung waren ins separate Monitor-Modul ausgelagert, wodurch das Hauptgerät lüfterlos und kompakt bleiben konnte.

Auf dem Schreibtisch präsentierte sich der OPD als zweiteiliges System: Tastatur-/Basiseinheit und Monitor waren verbunden durch ein einziges Kabel für Strom und Signal. In der Basiseinheit steckte auch ein handelsüblicher Telefonhörer (ein modifizierter BT-Sceptre-Apparat) seitlich im Gehäuse. Daneben fanden sich an der Vorderseite zwei Microdrive-Laufwerke – winzige bandbasierte Speicherkassetten, die Sinclair entwickelt hatte. Diese Kassetten fassten typischerweise um 100 KB und dienten als Wechselmedium. ICL überarbeitete die Mechanik der Microdrives, um die berüchtigten Zuverlässigkeitsprobleme des QL zu entschärfen. Dennoch blieb der bandbasierte Massenspeicher eine Schwachstelle: Schon zeitgenössische Berichte urteilten, die Microdrive-Technik „überschatte das OPD-Konzept“ negativ. Für datenintensive Anwendungen waren später externe 3,5″-Diskettenlaufwerke von Drittherstellern erhältlich – eine wichtige Ergänzung, denn standardmäßig bot das OPD-System ab Werk keine Diskettenlaufwerke.

Die übrige Anschlusspalette fiel minimalistisch aus. An der Rückseite befand sich ein spezieller RS432-Anschluss für Drucker – ICL bot etwa einen Okimate-Drucker an – der elektrisch dem RS423/RS232-Standard ähnelte. Zwei Buchsen für Telefonleitungen ragten aus dem Telephonie-Modul, um das integrierte Modem mit dem öffentlichen Netz zu verbinden. Über optionale Erweiterungen ließ sich die Konnektivität ausbauen: So gab es z. B. ein „Data Communications Adapter“ von British Telecom, um einen seriellen Port nachzurüsten und den OPD als Terminal an Großrechner anzubinden. Ebenso entwickelte ICL ein Asynchronous Comms Unit (ACU) für höhere Übertragungsraten bis 19200 bps, das am ROM-Modul-Port angeschlossen wurde. Diese professionelle Erweiterbarkeit zeigt, dass das OPD weniger Heimcomputer sein wollte, sondern ein Büro-Arbeitstier mit Kommunikationsfokus.

Die wohl auffälligste Eigenschaft des One Per Desk ist die tiefe Integration von Telefonie und Computerfunktionen. Das eingebaute Modem beherrschte Mehrfachstandards: u. a. V.21/V.23 (1200/75 Baud für Bildschirmtext/Videotex), 1200/1200 Baud (Halbduplex) und sogar klassisches 300 Baud Vollduplex. Bemerkenswert war die Fähigkeit, zwei Telefonleitungen gleichzeitig zu managen – beispielsweise eine Sprachleitung und eine Datenverbindung parallel. Mit speziellen Telefontasten auf der Tastatur konnte der Nutzer Anrufe auf Halten legen, zwischen Leitungen umschalten, per Knopfdruck Wahlwiederholung nutzen oder ein Gespräch auf Freisprechen bzw. den Lautsprecher legen. Eine HOLD-Taste parkte ein Gespräch, während man auf der zweiten Leitung tätig war – geradezu futuristisch für 1984. Zudem besaß der OPD einen hardwareseitigen Sprachsynthesizer (Texas Instruments TMS5220), der für eine integrierte Anrufbeantworter-Funktion genutzt wurde. Im Abwesenheitsmodus konnten vorgefertigte Ansagetexte automatisch über die Leitung abgespielt und eingehende Nachrichten aufgezeichnet werden – das Gerät „plauderte“ also mit Anrufern, wenn der Besitzer nicht am Platz war. Diese Voice-Mail-ähnliche Funktionalität war ihrer Zeit weit voraus und machte das OPD zu mehr als einem simplen Computer: eher zu einer zentralen Schaltstelle für Kommunikation im Büro.

Das Videodisplay des One Per Desk stammte technisch vom Sinclair QL und bot entsprechend für die Zeit passable, wenn auch nicht überragende Grafik. Die maximale Bildschirmauflösung betrug 512 × 256 Pixel, und dabei konnten 4 Farben gleichzeitig dargestellt werden. Alternativ ließ sich eine niedrigere Auflösung von 256 × 256 Pixel nutzen, bei der bis zu 8 Farben aktiv waren. Ein Clou aus der Sinclair-Welt war dabei weiterhin verfügbar: blinkende Grafikattribute, mit denen man Pixel zum Flackern bringen konnte. Text wurde üblicherweise in einem 80×24-Zeichen-Raster dargestellt. Zwei Statuszeilen am unteren Bildschirmrand informierten über Systemmeldungen, Anrufstatus und aktive Tasks. Diese Statuszeilen waren notwendig, da das OPD mehrere Vorgänge simultan handhaben konnte und der Benutzer stets den Überblick über laufende Prozesse behalten musste.

Die Standard-Anzeige erfolgte an einem mitgelieferten 9-Zoll-Monochrommonitor oder optional an einem 14-Zoll-Farbmonitor – beide enthielten das Netzteil für die Basiseinheit. Der Preis für die monochrome Variante lag bei etwa £1.195 plus VAT und für die Farbversion bei £1.625 plus VAT. Inklusive Steuern entsprach das etwa £1.370 bzw. £1.870 Anfang 1985 – umgerechnet etwa 6.000 bis 7.000 € in heutiger Kaufkraft. Damit war das One Per Desk um ein Vielfaches teurer als Heimcomputer jener Zeit und selbst teurer als viele IBM-kompatible PCs.

Anders als der Sinclair QL, der mit QDOS ein recht offenes Betriebssystem bot, setzte ICL beim OPD auf ein fest im ROM verankertes System namens BFS („Basic Functional Software”). Dieses Firmware-basierte OS war menügesteuert und auf einfache Bedienung ausgelegt. Die BFS-Firmware ermöglichte echtes Multitasking: Über spezielle Tasten – START, RESUME, REVIEW – konnte der Nutzer zwischen mehreren gleichzeitig aktiven Anwendungen hin- und herwechseln. Im Hintergrund sorgte ein Kernel für Speicher- und Geräteverwaltung, während ein Director-Modul die laufenden Tasks koordinierte. Das BFS-System integrierte zudem einen Telefon-Manager, elektronische Telefonbücher, Tools für Anrufbeantwortung sowie Datenfernübertragung. Für produktive Anwendungen setzte ICL auf steckbare ROM-Module, die zusätzliche Software enthalten konnten. Besonders bedeutend war das Psion Xchange-Softwarepaket: eine Suite aus Textverarbeitung, Tabelle, Datenbank und Business-Grafik, die schon beim Sinclair QL beliebt war. ICL bot Xchange als vorinstalliertes ROM-Modul an – fünf ROM-Chips mit zusammen ~256 KB, auf Wunsch auch in einer 1 MBit-Variante. Für £130 Aufpreis erhielt man so ein sofort nutzbares Office-Paket. Trotz QL-Verwandtschaft war die Kompatibilität zu normaler QL-Software begrenzt.

Zum Marktstart erhielt ICL beachtliche Großaufträge. British Telecom bestellte 1.500 Geräte im Wert von £4,5 Mio., und Telecom Australia investierte rund £8 Mio. in das System. Innerhalb der ersten neun Monate nach Verfügbarkeit soll ICL Verträge über insgesamt $42 Mio. für OPD-Lieferungen abgeschlossen haben – vor allem mit den Telefongesellschaften in Großbritannien, Australien, Hongkong und Neuseeland. In einem internen Bericht lobte ICL selbstbewusst den eigenen Innovationsgeist: „Wenn es je ein Projekt gab, das den Wert von Teamarbeit und des ICL-Weges gezeigt hat, dann war es der One Per Desk. Andy Roberts und das OPD-Team haben ebenfalls viel Lob erhalten …“ Diese Selbsteinschätzung verrät den Stolz des Unternehmens auf die technische und organisatorische Leistung hinter dem Projekt. Tatsächlich galt der OPD bei ICL als Musterbeispiel für Innovationskraft „made in Britain“.

Trotz innovativer Konzepte blieb das OPD ein Nischenprodukt. Der freie Markt nahm es verhalten auf, doch es fand clevere Anwendungen in Branchen wie dem Bingo-Netzwerk, bei Behörden oder in Autohäusern in Australien. Der technische Anspruch war hoch, aber die Kosten ebenso. ICLs Führungskräfte sahen darin jedoch ein Aushängeschild britischer Ingenieurskunst – ein Symbol, dass das Unternehmen an der Spitze technologischer Entwicklung stehen konnte. Robb Wilmot, damals CEO von ICL, äußerte später, der OPD sei für ihn „ein Wegweiser der Zukunft – der Beweis, dass Kommunikation und Rechnen zusammengehören“.

Diese Sichtweise trifft den Kern: Der OPD war kein gescheitertes Produkt, sondern ein visionäres Experiment, das die Verbindung von Telefonie, Datenverarbeitung und Software vorwegnahm – Jahrzehnte, bevor Smartphones dieselbe Idee verwirklichten.

 

Commodore LCD

Commodore LCD – Ein Bildschirm, der niemals flimmerte

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Picture is taken from: https://www.c64-wiki.de/wiki/Datei:CLCD_top.png

Der Commodore LCD, häufig auch als CBM LCD bezeichnet, war Commodores ehrgeiziger Versuch, Mitte der 1980er Jahre in den entstehenden Markt der tragbaren Computer vorzudringen – ein Projekt, das technisch vielversprechend begann, aber nie über den Prototypenstatus hinauskam. Vorgestellt wurde das Gerät auf der Winter Consumer Electronics Show im Januar 1985, wo Commodore es als „tragbaren Computer für Profis“ anpries – kompakt, batteriebetrieben und ausgestattet mit einer Vielzahl integrierter Anwendungen. Der graue Klapprechner mit dem aufklappbaren LCD-Display wirkte futuristisch, fast wie ein Vorgriff auf die Notebooks, die erst Jahre später die Bürowelt erobern sollten.

Im Inneren arbeitete ein Rockwell G65SC102, eine energiesparende CMOS-Variante des MOS 6502, die mit 1 MHz lief. Der Prozessor war ein 8-Bit-Klassiker, der sich durch geringen Stromverbrauch und einfache Architektur auszeichnete, und war eine logische Weiterentwicklung des Chips, der bereits im Commodore 64 seinen Dienst tat. Der LCD besaß 32 KB RAM, die auf bis zu 128 KB erweiterbar waren, und 96 KB ROM, in dem nicht nur das Betriebssystem, sondern auch mehrere Anwendungen vorinstalliert waren. Durch die CMOS-Technik erreichte das Gerät eine für damalige Verhältnisse beeindruckende Batterielaufzeit von rund fünf Stunden bei Betrieb über vier NiCd-Akkus.

Das Display war eines der fortschrittlichsten Merkmale. Es handelte sich um ein monochromes Flüssigkristall-Panel mit einer Auflösung von 480 × 128 Pixeln. Im Textmodus bot es 80 Spalten bei 16 Zeilen – doppelt so viel wie der beliebte Tandy Model 100, der nur 8 Zeilen und 40 Spalten darstellen konnte. Das Commodore-Display war klar, kontrastreich und ungewöhnlich schnell, obwohl es nur zwei Farben kannte: Schwarz auf Hellgrau. Damit war der Rechner für Textverarbeitung und Tabellenkalkulation ideal geeignet, während grafische oder farbintensive Anwendungen naturgemäß ausgeschlossen blieben.

Die Tonausgabe war minimalistisch. Statt eines Soundchips wie dem legendären SID des C64 verfügte der LCD nur über einen einfachen Piezo-Lautsprecher, der Beep-Töne und einfache Signale erzeugen konnte. Musik, Klänge oder gar Sprache waren nicht vorgesehen – ein bewusster Verzicht, da Commodore das Gerät als mobiles Arbeitsinstrument konzipierte, nicht als Unterhaltungsplattform.

Trotz seiner kompakten Bauweise – rund 30 × 28 × 5,5 cm bei einem Gewicht von etwa 2,3 kg – verfügte der LCD über eine bemerkenswerte Vielfalt an Anschlüssen. Dazu zählten eine RS-232-Schnittstelle, ein Centronics-Port für Drucker, der Commodore-typische serielle IEC-Bus für Laufwerke und Drucker der C64/C128-Serie sowie ein integriertes 300-Baud-Modem. Dieses besaß sogar Buchsen für einen Akustikkoppler und konnte direkt an Telefonleitungen angeschlossen werden. Ein geplanter Barcode-Leseranschluss und Erweiterungsports zeigten, dass Commodore das System modular auslegen wollte. Als Massenspeicher diente ein Teil des RAMs als RAM-Disk, während externe Laufwerke – darunter ein nie erschienenes 3,5″-Modell namens VC-1561 – vorgesehen waren.

Als Betriebssystem kam Commodore BASIC 3.6 zum Einsatz, eine Variante des C128-BASIC 7.0, angepasst für das LCD-Display. Im ROM waren zahlreiche Programme integriert: eine Textverarbeitung, ein Tabellenkalkulationsprogramm, ein Adressbuch, ein Kalender, ein Taschenrechner, ein Notizbuch und ein Terminal-Programm zur Datenübertragung über das interne Modem. Das Startmenü bot direkten Zugriff auf diese Anwendungen, was den LCD zu einem der ersten Computer mit „out-of-the-box“-Softwarepaket machte. Für Entwickler stand außerdem ein Maschinensprache-Monitor bereit, mit dem Programme in Assembler geschrieben und getestet werden konnten.

Die Entwicklung begann 1984 unter Leitung von Jeff Porter, der zuvor an Commodores Modemprojekten gearbeitet hatte. Unterstützt wurde er von Bil Herd – bekannt durch den C128 – sowie Ian Kirschman, Hedley Davis, Judy Braddick, Andy Finkle und Carolyn Scheppner. Commodore wollte mit dem Projekt nicht nur ein neues Produkt, sondern auch eine eigene LCD-Fertigung in Dallas nutzen, die aus früheren Uhrenprojekten stammte. Der LCD war also auch ein Versuch, interne Ressourcen gewinnbringend einzusetzen. Der anvisierte Verkaufspreis lag unter 600 US-Dollar, was inflationsbereinigt etwa 1.700 Euro entspräche – ein erstaunlich niedriger Preis im Vergleich zu Konkurrenten wie dem Tandy Model 100 (800 $) oder IBMs PC Convertible (über 1.500 $).

Trotz seiner vielversprechenden Technik und des attraktiven Preises kam es nie zur Serienproduktion. Commodores damaliger CEO Marshall Smith stellte das Projekt überraschend ein, nachdem ihn angeblich der Chef von Tandy auf der CES davon überzeugt hatte, dass mit tragbaren LCD-Computern kein Geld zu verdienen sei. Smith nahm diesen Rat ernst, verkaufte Commodores LCD-Abteilung und stoppte das Projekt kurz vor Produktionsbeginn. Laut Zeitzeugen wie Bil Herd und Jeff Porter lagen bereits rund 15.000 Vorbestellungen von Händlern vor, die Commodore damit ungenutzt verstreichen ließ.

Der Commodore LCD hatte klare Stärken: Er war leicht, vielseitig, günstig und mit zahlreichen Schnittstellen ausgestattet. Sein 80-Spalten-Display war ein Alleinstellungsmerkmal in seiner Preisklasse, und das eingebaute Modem hätte ihn zu einem frühen mobilen Kommunikationsgerät gemacht. Doch er hatte auch Schwächen – vor allem die fehlende C64-Kompatibilität, keine Farb- oder Tonfähigkeiten und eine rein auf Text ausgelegte Software. Dadurch blieb er zwischen den Zielgruppen gefangen: zu sachlich für Heimnutzer, zu schwach für Geschäftsleute.

Heute existieren nur noch wenige Exemplare, vermutlich weniger als fünf weltweit. Sie befinden sich in den Händen ehemaliger Commodore-Ingenieure und Sammler. Der Commodore LCD blieb ein faszinierendes „Was-wäre-wenn“-Projekt – ein tragbarer Computer, der seiner Zeit voraus war, aber an einer einzigen Fehlentscheidung scheiterte. Wäre er erschienen, hätte Commodore womöglich den frühen Laptop-Markt entscheidend mitgestalten können. Stattdessen wandte sich das Unternehmen bald der Amiga-Produktlinie zu, während Firmen wie Tandy, Toshiba und IBM den mobilen Markt übernahmen. Der CBM LCD steht heute als Symbol für verpasste Chancen, für den Pioniergeist der Ingenieure und für den tragischen Irrtum einer Führungsetage, die nicht erkannte, dass hier ein Stück Zukunft in ihren Laboren stand.

Osborne Vixen

Osborne Vixen

hd item 764378 6c765daaddDie Osborne Vixen (auch Osborne 4) war ein tragbarer „Luggable“-Computer, der – nach dem riesigen Erfolg des Osborne 1 (1981) und des Executive (1983) – Ende 1984 auf den Markt kam. Sie entstand, als die Osborne Computer Corp. gerade nach ihrer Pleite von 1983 („Bankruptcy“ im September 1983) wieder reorganisiert wurde. Adam Osborne, der Firmengründer, hatte zwischenzeitlich das Unternehmen verlassen. Die nun rekonstruierte Firma brachte 1984 die Vixen heraus – anfangs in Schwarz geplant, letztlich als beige/grau-beiger Koffer mit auffälligem, innen olivgrünem Innenleben. Die Anzeigen warben damit, „das Unternehmen, das den ersten tragbaren Business-Computer vorgestellt hat, ist zurück“ – und priesen: „One year later, it’s still ahead of its time“. Tatsächlich war die Vixen – trotz überarbeiteter Hardware – schon beim Erscheinen 1984 technisch überholt, da inzwischen IBM-PC-kompatible Tragbare dominierten. Ein früheres Vixen-Modell (mit 5″ grünem Bildschirm) war bereits 1983 nicht veröffentlicht worden, als die Firma insolvent ging. Nach der Überarbeitung zeichnete sich die 1984 freigegebene Vixen durch einen 7-Zoll-CRT-Monitor mit bernsteinfarbenem Bildschirmlinien aus (80×24 Text, rein monochrom). Außerdem besaß sie zwei 5¼″-Diskettenlaufwerke (400 KB, doppelt bespielbar), die diesmal vertikal eingebaut waren. Sie wog nur rund 8,2 kg (18 lbs) und hatte die kompakten Abmessungen 32,1×41,3×15,9 cm, so dass – ganz im Osborne-Geist – beworben wurde, man könne sie ohne Platzprobleme unter einem Flugzeugsitz verstauen.

Als Herzstück diente der Zilog Z80A-Prozessor mit 4 MHz Taktfrequenz, eine weit verbreitete 8-Bit-CPU, die als Software-Weiterentwicklung des Intel 8080 gilt. Der Z80 war bekannt für umfangreiche Befehlsregister und speicherfreundliche Blockoperationen; er trieb die CP/M-2.2-Plattform an, die auf 64 KB Arbeitsspeicher begrenzt ist (genau die Speicherausstattung der Vixen). Das Betriebssystem war wie bei den Vorgängern Digital Researchs CP/M 2.2. Osborne lieferte die Vixen mit einem kompletten Anwendungs-Bundle: das bekannte Textprogramm WordStar, die Tabellenkalkulation SuperCalc, Microsoft BASIC (MBASIC), sowie Utility- und Grafikprogramme wie Osboard, TurnKey und MediaMaster und sogar ein kleines Spiel namens „Desolation“.

Die Anbindung an Peripherie erfolgte über standardisierte Ports: ein Centronics-Parallelausgang für Drucker, ein RS-232-Serienport für Modems oder Terminals und ein IEEE-488/SASI-Anschluss für das optionale Festplatten-Subsystem. Über Composite-Video ließ sich ein externer Monitor anschließen. Geplante Erweiterungen umfassten vor allem das 10-MB-„Osborne Hard Disk Subsystem“ (für knapp 1.500 US$), das über eine interne SASI/SCSI-Karte betrieben wurde. Wie schon beim Osborne 1 war auch hier ein eingebauter Piezo-Summer das einzige Klangmittel – es gab keinen Soundchip im modernen Sinne.

Der Einführungspreis betrug 1.298 US-Dollar. Inflationsbereinigt entspricht das etwa 3.900 US-Dollar, also rund 3.500–3.700 € (Stand 2024). Gegenüber Konkurrenzmodellen war die Vixen günstig und sehr kompakt. Sie war deutlich leichter und kleiner als ihre Vorgänger Osborne 1/Executive (die oft um die 20–30 kg wogen) und rivalisierte im US-Markt vor allem mit anderen CP/M-Maschinen wie dem Kaypro II oder dem Compaq Portable. Im Gegensatz zur teuren Executive (mit 9″-Display) war der Vixen mit ihrem 7″-Monitor günstiger und mobiler – allerdings auf Kosten der Grafikauflösung. Gegenüber dem IBM-kompatiblen Compaq (1983) oder neueren PC-Laptops hatte die Vixen aber entscheidende Nachteile: Sie lief nur unter CP/M, war im Jahr 1984 schon veraltet und bot kein Farbbild. So konnte sie letztlich nicht mit den Standards der IBM-Welt mithalten und hatte gegen die rasch wachsende Konkurrenz (Compaq, Atari Portfolio, Epson-Projekte etc.) wenig Chancen.

Anekdotisch ist, dass Adam Osborne in einer TV-Show 1984 bereits resigniert bemerkte, „die PC-Branche setzt massiv auf große, standardisierte Hersteller“ – eine Erkenntnis, die das Schicksal des Vixen vorwegzunehmen schien. Firmengründer Adam Osborne (1939–2003) war zu dieser Zeit bereits nicht mehr bei der Firma. Der Brite amerikanischer Herkunft, einst erfolgreicher Verlagsunternehmer und Technikpublizist, hatte in den späten 70er-Jahren den Einstieg ins Hardware-Business gesucht. Zu Beginn seiner Computer-Karriere rekrutierte Osborne den erfahrenen Entwickler Lee Felsenstein (Jg. 1945), der bereits frühere Heimcomputer entworfen hatte; gemeinsam entwickelten sie den legendären Osborne 1. Diese frühen Entwickler (Osborne und Felsenstein) sorgten für die technischen Grundlagen und die Software-Bündelung, die Osborne-Produkte berühmt machten. Nach Osbornes Weggang setzten Manager und neue Partner das Vixen-Projekt um – unter anderem der Berater Fred Coury, der laut Museumseintrag die Vixen baute und über eine Firma namens Worswick vertrieb.

Der Osborne Vixen war kommerziell allerdings kaum erfolgreich. Schon kurz nach der Vorstellung stellten Beobachter fest, dass weder dieses Modell noch das parallel eingeführte IBM-kompatible Schwestermodell („Encore“ oder „Pivot II“) nennenswerte Verkäufe erzielten. Genaue Verkaufszahlen gibt es nicht, doch Fachleute schätzen, dass nur wenige Hundert bis wenige Tausend Exemplare hergestellt wurden – ein Winzling im Vergleich zu den zigtausend verkauften Osborne 1-Geräten in den frühen 80ern. Schlussendlich führte auch die Vixen den Hersteller nicht in eine neue, prosperierende Richtung: 1986 musste Osborne Computer endgültig schließen.

Insgesamt war der Vixen ein typisches „Begräbnismodell“ einer einst erfolgreichen Linie: technisch antiquiert, aber sympathisch vollständig mit Software gebündelt und eigenwillig gestaltet (etwa mit dem Klapp-Tastatur-Design). Für Retro-Enthusiasten bleibt er eine Kuriosität: ein technisch konsequenter, sehr kompakter Nachfolger des Osborne 1 für den US-Markt – allerdings am Ende eine Sackgasse.

NEC PC-8801

NEC PC-8801

pc8801

By phreakindee - https://www.flickr.com/photos/phreakindee/28416963104/

Als NEC im Dezember 1981 den PC-8801 vorstellte, war das Unternehmen längst kein Neuling mehr auf dem Heimcomputermarkt. Mit dem PC-8001 hatte man bereits 1979 einen Überraschungserfolg gelandet und sich in Japan zur führenden Marke entwickelt. Der neue PC-8801 jedoch zielte eine Stufe höher: Er sollte nicht mehr bloß Bastlern und Hobbyisten dienen, sondern als vollwertiger Alleskönner sowohl im Wohnzimmer als auch im Büro überzeugen. Der Preis von 228.000 Yen, inflationsbereinigt rund 1.900 Euro, war nichts für die Hosentasche, aber NEC versprach eine Maschine, die Arbeit und Freizeit in einem Gehäuse vereinte.

Im Herzen des Rechners schlug ein NEC µPD780C-1, ein Zilog-Z80A-kompatibler 8-Bit-Prozessor mit 4 MHz Takt. Wer bis dahin mit einem PC-6001 oder Sharp MZ hantiert hatte, staunte nicht schlecht, wie flott der PC-8801 Programme abarbeitete. 64 KB RAM und satte 48 KB Video-RAM standen zur Verfügung. Die Grafikausgabe konnte sich sehen lassen: 640 × 200 Pixel in acht Farben oder 640 × 400 in zwei Farben, dazu Textmodi für Tabellenkalkulation und Programmierspaß. Gegenüber der Konkurrenz war das ein deutlicher Vorsprung – man konnte nun Buchstaben in gestochen scharfer Qualität auf den Bildschirm bringen, ohne dass sie aussahen, als seien sie von einer klapprigen Schreibmaschine abgetippt.

Beim Ton blieb NEC allerdings knausrig. Statt eines richtigen Soundchips gab es im Urmodell nur einen simplen Pieper, der bestenfalls kurze Töne von sich gab. Während der Fujitsu FM-7 und der Sharp X1 schon mit PSG- oder FM-Sound prahlten, musste sich der PC-8801 mit einem „Piep, Piep“ begnügen. Später sollten Nachfolger mit Yamaha-Chips auftrumpfen und damit ein ganzes Genre an Videospielmusik inspirieren, doch 1981 klang der PC-8801 so bescheiden wie ein Wecker.

Als Betriebssystem diente N88-BASIC, fest im ROM verankert. Man schaltete die Maschine ein und konnte sofort loslegen. Wer geschäftliche Ambitionen hatte, konnte den Rechner auch mit CP/M nutzen und so auf die wachsende Softwarebibliothek im Bürobereich zugreifen. Massenspeicher war anfangs vor allem die gute alte Kassette, aber NEC bot schnell externe 5,25-Zoll-Diskettenlaufwerke an, die sich über Erweiterungscontroller anschließen ließen. Überhaupt war die Anschlussvielfalt ein Trumpf: Centronics-Port für Drucker, RS-232C für Modems und Terminals, Monitoranschluss und Steckplätze für Erweiterungen. So konnte man den PC-8801 zum Plotter-Künstler, Spielesystem oder ernsthaften Businessrechner ausbauen.

Die Entwickler Tomio Goto und Akira Kato, die schon am PC-8001 mitgewirkt hatten, galten als die Architekten dieser neuen Maschine. Goto, ein Ingenieur mit Leidenschaft für saubere Architektur, wollte die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft schlagen: volle Kompatibilität zum PC-8001, aber auch genug Power für die kommenden Jahre. Kato war pragmatischer und erinnerte sich später: „Wir wollten eine Maschine, die in Japan mehr war als ein Spielzeug, eine Brücke zwischen Arbeit und Unterhaltung.“ Zusammen prägten sie nicht nur den PC-8801, sondern ebneten auch den Weg für spätere NEC-Erfolge wie die PC-98-Serie und sogar die PC Engine.

Der Erfolg gab ihnen recht. Bereits bis Ende 1983 waren 170.000 Geräte verkauft, bis 1989 summierte sich die PC-8800-Serie auf fast 940.000 Einheiten – bemerkenswert, weil sie damit sogar besser lief als NECs eigene 16-Bit-Linie PC-9800 im selben Zeitraum. Zeitgenössische Magazine schrieben ehrfürchtig, NEC sei in Japan inzwischen so etwas wie „das IBM für den Heimgebrauch“.

Natürlich hatte das Gerät seine Schwächen. Der hohe Preis schreckte viele Käufer ab, und Spieler murrten über den mageren Sound. Doch die brillante Grafik, die Abwärtskompatibilität zum PC-8001 und die flexible Erweiterbarkeit machten den PC-8801 zur Lieblingsmaschine von Studenten, Entwicklern und frühen Spielefirmen. Yuzo Koshiro, später berühmt für seine Musik zu Streets of Rage, machte seine ersten Schritte auf einem PC-8801 – und komponierte dort mit denselben piepsigen Tönen, die viele Nutzer damals verfluchten.

Langfristig führte der PC-8801 NEC in eine neue Richtung. Ab 1983 trennte man bei NEC die Produktlinien: Die Home-Electronics-Sparte kümmerte sich um die 8-Bit-Geräte wie PC-6000 und PC-8800, während die Business-Sparte mit der PC-98-Serie die 16-Bit-Zukunft vorbereitete. Der PC-8801 war dabei das Bindeglied – ein Heimcomputer, der sich nicht scheute, auch in Büros zu stehen, und ein Bürocomputer, der eine ganze Generation von Videospielentwicklern prägte.

Seine Nachfolger – vom PC-8801mkII bis zu den SR-, FH- und MH-Modellen – brachten mehr Speicher, bessere Grafik und vor allem Soundchips, die das Gerät endgültig zur Spieleplattform machten. Doch das Original von 1981 bleibt der Beginn einer Legende: ein kantiger, teurer, aber zukunftsweisender Computer, der mit einem simplen „Piep“ Japans Heimcomputerära prägte.

Und vielleicht war es genau dieser nervige Piepton, der so manchen Studenten damals dazu brachte, selbst Musik oder Spiele zu programmieren. Manchmal beginnen Revolutionen eben nicht mit einem Orchester, sondern mit einem einzelnen, unvergesslichen Ton.

Dynamac EL

Dynamac EL

dynamac elDer Dynamac EL war der erste portable Macintosh-Klon und ein einzigartiger Versuch, den Apple Macintosh lange vor Apples eigenem Portable in ein transportables Format zu bringen. Entwickelt von der Dynamac Corporation in Colorado und vorgestellt im Frühjahr 1988, handelte es sich um einen inoffiziellen Macintosh-Plus-Umbau in Form eines tragbaren Computers. Apple hatte dem Unternehmen dafür eigens gestattet, Original-Macintosh-Komponenten wie das ROM und das Motherboard zu verwenden. Chefentwickler war Bill Goins, der nach dem Dynamac-Projekt zu Apple wechselte und später sogar beim lizenzierten Mac-Klon-Hersteller Power Computing tätig war. Die Modellbezeichnung „EL-1701-A“ war augenzwinkernd an die USS Enterprise aus Star Trek angelehnt, ein Detail, das den Enthusiasmus des Entwicklerteams zeigt.

Bereits das Vorgängermodell Dynamac von 1987 – im schweren Metallgehäuse und rund 11 kg Gewicht – hatte für Aufsehen gesorgt. Der Dynamac EL („Extra Light“ oder auch scherzhaft „ElectroLuminescent“) war die überarbeitete Leichtversion davon. Statt Metall setzte man ein spezielles schwarzes Cycolac-Plastikgehäuse ein, was das Gewicht auf etwa 8,2 kg senkte – immer noch eine Wucht, aber gut 3 kg leichter als der Ur-Dynamac. Optisch erinnerte das Gerät an einen klobigen schwarzen Aktenkoffer mit integriertem 9-Zoll-Bildschirm. Eine ausklappbare Tragegriff-Leiste diente gleichzeitig als Stütze, um das Display schräg zu stellen. Die Tastatur wurde – wie beim Mac Plus – über ein Spiralkabel angeschlossen, und als Zeigegerät musste mangels Trackball eine externe Maus dienen. Im Gegensatz zu Apples erst 1989 erscheinendem Macintosh Portable, der ohne Bildschirmhintergrundbeleuchtung auskam, besaß der Dynamac EL bereits einen beleuchteten Monitor. Seine Anzeige beruhte auf einem amberfarbenen Elektrolumineszenz-Panel, das mit 640 × 400 Pixeln eine für die Zeit großzügige Auflösung bot – höher als die üblichen 512 × 342 Bildpunkte des Macintosh Plus. Farben konnte der EL zwar keine darstellen, doch wurde die Darstellung als hell und gestochen scharf gelobt. Ein Tester schrieb begeistert, Dynamac biete „der Mac-Welt die Möglichkeit, flach zu gehen“ – ein Seitenhieb auf Apples fehlende portable Lösungen jener Zeit.

Technisch entsprach der Dynamac EL im Kern einem Macintosh Plus. Als Prozessor diente ein Motorola 68000 mit 8 MHz Taktfrequenz. Dieser 16/32-Bit-CISC-Chip war Mitte der 80er Apples Standard-CPU und bot – trotz fehlendem mathematischen Koprozessor – genügend Leistung für damalige Anwendungen. Die Dynamik des Systems entsprach einem Mac Plus, da sogar original Apple-ROMs und -Chips verbaut waren. Tatsächlich wurden für jeden Dynamac-Portable reguläre Macintosh-Platinen verwendet und in das neue Gehäuse „umgepflanzt“. Ein zeitgenössischer Bericht beschrieb es so: „Nur Apple kann einen Mac bauen. Die Dynamac-Leute bauen keine Macs, sie nehmen Apple-Komponenten, re-engineeren sie und fügen Komponenten anderer Hersteller hinzu.“ Die Entwickler von Dynamac kauften also Apple-Rechner ein und konstruierten daraus in Handarbeit einen Laptop – mit zusätzlichen Eigenentwicklungen wie der neuen Bildschirm-Ansteuerung und dem Gehäuse. Im Inneren saß die originale Macintosh-Logikplatine zusammen mit einer Tochterplatine, die Anschlüsse und Stromversorgung neu organisierte. Über dem Motherboard waren das 3,5″-Diskettenlaufwerk (800 KB, doppelseitig) und die Festplatte montiert. Je nach Kundenwunsch wurde eine SCSI-Festplatte mit 20 MB oder 40 MB Kapazität eingebaut. Auch ein internes Modem war verfügbar: standardmäßig 1200 bps, optional auch 2400 bps für schnellere DFÜ-Verbindungen.

An der Gehäusefront befand sich links das Diskettenlaufwerk und rechts Lüftungsschlitze sowie Status-LEDs. Auf der Rückseite bot der Dynamac EL eine Fülle von Anschlüssen, größtenteils identisch mit denen des Mac Plus: zwei Mini-DIN-8-Seriellports (für Drucker/Modem), ein großer DB-25-SCSI-Anschluss zum Anschluss externer Festplatten oder CD-ROMs, ein Diskettenport für ein externes 3,5″-Laufwerk sowie der Keyboard-Anschluss und der DB-9-Anschluss für die Maus. Darüber hinaus verfügte der Dynamac über Extras, die der Mac Plus nicht hatte: So gab es zwei RJ11-Telefonbuchsen für das interne Modem. Besonders hervorzuheben ist auch der Monitoranschluss – eine Schnittstelle, mit der man einen externen Bildschirm ansteuern konnte. Tatsächlich ließ sich der Dynamac bei Bedarf an große externe Monitore anschließen; Anwender berichteten, dass das Gerät sogar einen 21″-Apple-Monitor oder einen 13″-Farbbildschirm betreiben konnte, wofür eigens eine erweiterte Grafikkarte integriert war. Zusätzlich gab es einen RCA-Composite-Videoausgang (NTSC), um Präsentationen auf einem Fernseher anzeigen zu können – etwas, das bei Standard-Macs erst mit Zusatzhardware möglich war. Die Soundausgabe erfolgte über den eingebauten Lautsprecher und entsprach dem Macintosh-Standard: ein monophones 8-Bit-Signal, das vom 68000-Prozessor via DAC erzeugt wurde. Einen dedizierten Soundchip oder Stereo-Ausgang besaß der Dynamac nicht.

Mit seinen Maßen von etwa 36 × 38 × 8 cm und dem Gewicht von rund 8 kg war der Dynamac EL zwar tragbar, aber nur bedingt mobil. Ein Akkubetrieb war standardmäßig nicht vorgesehen – das Gerät lief primär am Stromnetz. Allerdings bot Dynamac einen externen Batteriepack als Zubehör an, um es kurzzeitig unabhängig von der Steckdose zu machen. Dieser Akku-Pack war optional und erhöhte das Gesamtgewicht weiter, zudem war die Laufzeit begrenzt. Die fehlende eingebaute Batterie sowie der Zwang, eine separate Maus mitzuführen, schränkten den praktischen Nutzen unterwegs etwas ein. Trotzdem war die Idee, überall ein vollwertiges Mac-System dabeizuhaben, äußerst reizvoll. Der Dynamac EL lief mit dem gewohnten Mac-Betriebssystem (System 6), war komplett softwarekompatibel und konnte alle Programme ausführen, die auch auf einem Macintosh Plus liefen. Tatsächlich unterstützte das Gerät später sogar Betriebssystem-Versionen bis System 7.5, was seine Zukunftssicherheit unter Beweis stellte.

Preislich war der Dynamac EL allerdings ein Luxusgut. Die Version von 1988 schlug mit etwa 6000 US-Dollar zu Buche – wohlgemerkt ohne Sonderausstattung. Das entsprach über 14.000 Dollar in heutiger Kaufkraft, also mehr als 12.000 Euro. In Deutschland hätte der Dynamac inflationsbereinigt vermutlich über 15.000 Euro gekostet – ein enormer Betrag, mehr als so mancher Kleinwagen der Zeit. Ein Journalist scherzte daher: „Wenn Sie Mercedes fahren, in St. Moritz Urlaub machen und nicht nach dem Preis fragen müssen – der Dynamac ist absolut für Sie.“ Diese Bemerkung unterstreicht, dass der Dynamac EL in erster Linie wohlhabende Geschäftsleute und Enthusiasten ansprach. Für viele normale Anwender blieb das Gerät unerschwinglich, zumal man für diesen Preis auch zwei stationäre Macs hätte kaufen können.

Auch im Vergleich zu Konkurrenzmodellen zeigte sich, dass der Dynamac zwar ein Pionier, aber kein perfekter Mobilrechner war. 1987/88 traten mehrere Firmen mit Mac-Portables auf: Neben Dynamac vor allem Colby Systems mit dem WalkMac und später OutBound Systems mit dem Outbound Laptop. Colbys tragbarer Mac war etwas leichter und verfügte optional über Akku und sogar einen integrierten Drucker, hatte aber kein EL-Display. Der Outbound Laptop von 1989 war deutlich kompakter und leichter als der Dynamac, mit modernerem Prozessor und eingebautem Trackball, erforderte aber den Einbau von ROM-Bausteinen aus einem Mac. Apples eigener Macintosh Portable von 1989 übertraf den Dynamac in mancher Hinsicht technisch – er hatte einen schnelleren Prozessor, eingebaute Batterie mit langer Laufzeit und Trackball, war aber immer noch schwer und noch teurer. Kurioserweise fehlte dem ersten Apple Portable eine Hintergrundbeleuchtung, was dem Dynamac EL mit seinem hellen EL-Display einen Vorteil verschaffte.

Pro Dynamac sprachen das beleuchtete Display, die völlige Macintosh-Kompatibilität und der vorhandene Videoausgang. Auch war er bereits vor Apples Einstieg verfügbar, sodass ungeduldige Macintosh-Fans nicht bis 1989 warten mussten. Kontra Dynamac standen das hohe Gewicht, die fehlende eingebaute Maus oder Trackball, der Netzbetrieb und vor allem der exorbitante Preis. So blieb der Dynamac letztlich ein Nischenprodukt für Technik-Visionäre und zahlungskräftige Spezialanwender.

Insgesamt wurden vom Dynamac EL vermutlich sehr wenige Exemplare verkauft – genaue Stückzahlen sind nicht überliefert, Schätzungen gehen von einigen Hundert aus. Entsprechend selten tauchen heute noch Geräte auf, Sammler sprechen von einer Rarität. Dynamac hatte zwar ein technisch innovatives Produkt geschaffen, doch wirtschaftlich lohnte es sich nicht. Bereits Ende 1988 musste die Firma den Vertrieb einstellen. Die Dynamac Corporation – 1970 von Diana und Donald MacArthur gegründet – wandte sich in den Folgejahren anderen Geschäftsbereichen zu und stieg aus dem Computermarkt aus. Der Dynamac EL führte das Unternehmen also nicht in eine neue, erfolgreiche Richtung, sondern blieb ein einmaliges Abenteuer.

Allerdings kann man sagen, dass Dynamac Apple indirekt beeinflusst hat. Die Existenz dieser tragbaren Mac-Klone zeigte Apple, dass ein Markt für mobile Macs da war. Apple tolerierte Dynamac anfänglich, sogar offiziell, da originale Macintosh-Platinen mit Rabatt geliefert wurden. Dieses Entgegenkommen beruhte darauf, dass Dynamac legitime Apple-Hardware verbaute und somit keine Urheberrechte verletzte. Rechtliche Schritte waren daher nicht nötig, anders als bei späteren unautorisierten Klonherstellern.

Fazit: Der Dynamac EL war seiner Zeit voraus – der erste echte Macintosh-Laptop, entwickelt von findigen Ingenieuren mit Apples Segen, aber auf dem Markt letztlich zu teuer und unhandlich, um einen Durchbruch zu schaffen. Er bot Mac-Fans mit dicker Brieftasche einen faszinierenden Vorgeschmack auf mobiles Computing à la Apple, komplett mit Original-Mac-OS und großem Bildschirm unterwegs. Anekdoten wie der eingebaute Star-Trek-Gruß und der Samsonite-Koffer als Transportcase zeugen vom Pioniergeist hinter dem Produkt. Obwohl der Dynamac EL kommerziell scheiterte und heute fast vergessen ist, bleibt sein Platz in der Computergeschichte sicher: Als kühner Vorreiter der PowerBooks und als Beleg dafür, dass selbst außerhalb Cupertino großartige Macintosh-Ideen entstehen konnten.

Dubna 48k

Dubna 48k

samsung digital cameraDer Dubna 48K war ein sowjetischer Heimcomputer und ein direkter Klon des Sinclair ZX Spectrum 48K, ausgestattet mit 48 Kilobyte Arbeitsspeicher. Entwickelt und produziert wurde er im Instrumentenwerk „Tensor“ in der Stadt Dubna nahe Moskau, das eigentlich auf Messtechnik und Komponenten für Kernkraftwerke spezialisiert war. Ende der 1980er Jahre, als sich der staatliche Bedarf an solchen Geräten verringerte, suchte das Werk nach neuen Produkten und wandte sich dem aufkommenden Markt für Personalcomputer zu. Der britische ZX Spectrum diente als technisches Vorbild, da er sich durch einfache Bauweise und eine große Softwarebibliothek auszeichnete. Bereits 1987 liefen erste Exemplare des Dubna 48K vom Band, offiziell in größerer Stückzahl jedoch erst ab den frühen 1990er Jahren. Damit gehörte er zu den ersten in Russland hergestellten Heimcomputern und fand vor allem im Bildungswesen weite Verbreitung.

Federführend bei der Entwicklung war Sergej Wlassow, Ingenieur bei Tensor, der in lokalen Publikationen oft als „Vater des Dubna 48K“ bezeichnet wird. Wlassow erinnerte sich später daran, dass der Verkaufspreis bei etwa 700 bis 800 Rubel lag, was dem Wert eines Farbfernsehers entsprach. Für sowjetische Privathaushalte war dies eine erhebliche Investition, die inflationsbereinigt rund 1.500 Euro in heutiger Kaufkraft ausmacht. Im Lieferumfang befanden sich neben dem Rechner ein externes Netzteil, ein HF-Modulator für den Fernseher sowie umfangreiche Handbücher, darunter ein BASIC-Handbuch und sogar vollständige Schaltpläne – etwas, das den Bildungscharakter dieses Geräts unterstrich.

Technisch basierte der Dubna 48K auf einem Z80-kompatiblen Prozessor, konkret dem in der DDR gefertigten MME 80A. Dieser lief allerdings nur mit 1,875 Megahertz – etwa halb so schnell wie der originale ZX Spectrum mit 3,5 Megahertz. Um den langsameren Takt zu berücksichtigen, mussten die Routinen im ROM entsprechend angepasst werden. Trotz dieser Modifikationen blieb ein Geschwindigkeitsnachteil, der sich vor allem in Spielen bemerkbar machte: Actiontitel liefen spürbar langsamer, und schätzungsweise 10 bis 15 Prozent der Spectrum-Spiele konnten gar nicht geladen werden, da ihre Schnelllader nicht kompatibel waren. Besonders betroffen waren Spiele mit eigenen Kassettenladeverfahren, während textbasierte Adventures meist problemlos funktionierten.

Der Rechner besaß 48 Kilobyte RAM, verteilt auf 16 einzelne Speicherchips, sowie 16 Kilobyte ROM mit dem Sinclair BASIC-Interpreter. Als Grafikmodus diente die Spectrum-typische Auflösung von 256 mal 192 Bildpunkten mit 15 darstellbaren Farben – acht Grundfarben, jeweils in normal oder hell, was praktisch 15 verschiedene Farbwerte erlaubte. Die Ausgabe erfolgte auf einem handelsüblichen Fernseher, über einen mitgelieferten Modulator für das sowjetische SECAM-Fernsehsystem. Ein Textmodus mit 32 mal 24 Zeichen stand ebenso zur Verfügung. Gespeichert wurde auf Kompaktkassetten, und ein passender Rekorder musste separat angeschlossen werden. Ein Diskettenlaufwerk war nicht vorgesehen, konnte aber theoretisch nachgerüstet werden. Besonderheiten waren ein serienmäßiger RS-232-Anschluss, der für serielle Datenübertragung nutzbar war, sowie ein Joystickport, kompatibel zum Kempston-Interface. Der Sound beschränkte sich auf einen einfachen 1-Bit-Lautsprecher für Pieptöne, womit der Dubna weit hinter westlichen Rechnern wie dem Commodore 64 zurückblieb.

Das Gehäuse existierte in mehreren Ausführungen: zunächst aus Metall, später auch aus Kunststoff, und in unterschiedlichen Farben wie Grau, Schwarz oder sogar Gelb. Mit rund 32 mal 25 Zentimetern Grundfläche war er kompakt, aber deutlich schwerer als westliche Pendants, da viele Schaltungen diskret mit über 60 Standardchips aufgebaut waren. Der Dubna startete nach dem Einschalten direkt in den Sinclair BASIC-Interpreter, ein eigenständiges Betriebssystem gab es nicht. Software musste geladen oder selbst programmiert werden, wozu er in sowjetischen Schulen rege genutzt wurde. Hier erfüllte der Dubna seine Rolle als Lerncomputer, mit dem Schüler erste Schritte in Programmierung und Informatik unternahmen. Spiele, vor allem portierte Spectrum- und teils sogar umgesetzte NES-Titel, machten ihn gleichzeitig für Jugendliche attraktiv.

Verglichen mit Konkurrenzmodellen zeigte der Dubna klare Vor- und Nachteile. Gegenüber Bastlerlösungen wie dem „Leningrad“-Klon war er ein voll montiertes, robustes Produkt, das ohne Eigenbau nutzbar war. Gegenüber leistungsfähigeren Clones wie dem Pentagon 48K oder westlichen Heimcomputern hinkte er jedoch spürbar hinterher: geringere Geschwindigkeit, kein Soundchip, keine Massenspeichererweiterung. Dennoch war sein größter Vorteil die Verfügbarkeit – in der UdSSR konnte man den Dubna offiziell kaufen, während westliche Rechner schwer zugänglich und teuer waren.

vlv8rfts0t051Über die Verkaufszahlen gibt es keine offiziellen Angaben, doch Berichte sprechen von einer reißenden Nachfrage. Tausende Exemplare gelangten an Schulen, Institute und Privatkunden in der ganzen Sowjetunion. In der Presse wurde er vereinzelt als Beispiel für den technischen Aufholversuch der UdSSR gewürdigt. Später erlangte der Dubna 48K einen kuriosen Nachruhm, als er im Hollywood-Film „Jason Bourne“ als Hacker-Werkzeug gezeigt wurde – eine ironische Verzerrung, da der echte Dubna kaum mehr konnte als einfache Spiele und BASIC-Programme.

Für das Werk Tensor bedeutete der Dubna 48K einen kurzzeitigen Ausflug in die Welt der Heimcomputer. Die Leitung um Juri Nikitski und Viktor Pigarew hatte das Projekt aus ökonomischen Gründen angestoßen, um ein neues Standbein aufzubauen. Nach dem Ende der Sowjetunion und dem Nachlassen der Nachfrage stellte Tensor die Computerproduktion jedoch wieder ein und konzentrierte sich erneut auf Spezialtechnik. Damit blieb der Dubna 48K ein Einzelstück, das dennoch eine ganze Schülergeneration prägte.

Sergej Wlassow, sein Hauptentwickler, ging als Name untrennbar mit dem Projekt in die russische Computerhistorie ein, auch wenn seine Karriere ansonsten kaum dokumentiert ist. Weitere beteiligte Ingenieure wie Viktor Pigarew leiteten später andere Unternehmenszweige. So bleibt der Dubna 48K ein nostalgisches Symbol für den Einzug der Heimcomputer in sowjetische Haushalte und Klassenzimmer, technisch schon bei Erscheinen veraltet, aber kulturell ein bedeutendes Bindeglied zwischen den westlichen Heimcomputern der 80er Jahre und der jungen Informatikgeneration der 90er in Russland.

Sinclair PC200

Sinclair PC200

sinclair pc 200 reconstructed white bg

By Marchin Wichary, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16692181

Der Sinclair PC200, in Spanien als Amstrad PC20 vermarktet, erschien Ende 1988 und markierte einen kuriosen Sonderfall in der Geschichte von Amstrad und Sinclair. Zwei Jahre zuvor hatte Alan Sugar Sinclairs Computersparte übernommen und suchte nach Wegen, die Marke noch einmal zu nutzen. Mit dem PC200 versuchte man, Sinclair-Fans und preisbewusste Heimnutzer anzusprechen, die einen günstigen IBM-PC-kompatiblen Rechner wollten. Heraus kam ein Gerät, das äußerlich wie ein Atari ST oder Commodore Amiga wirkte, aber im Kern ein abgespeckter XT-Klon war. Das schwarz gehaltene Tastaturgehäuse mit Sinclair-Schriftzug erinnerte bewusst an die Heimcomputer-Tradition, doch die Technik blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Zeitgenössische Magazine kommentierten entsprechend bissig: „Ist es ein Spectrum? Ist es ein ST? Nein, es ist eine Enttäuschung“, urteilte etwa die britische Crash.

Der PC200 wurde im September 1988 auf der PC Show in London vorgestellt und sollte die neue Linie „Sinclair Professional“ einleiten. Die Idee war reizvoll: einen PC, der sich direkt an den Fernseher anschließen ließ und damit keinen teuren Monitor erforderte. Dafür bekam der Rechner einen HF-Modulator, ein Novum für einen IBM-kompatiblen. Zusätzlich gab es die Möglichkeit, RGB-Monitore anzuschließen. Unter der Haube arbeitete ein Intel 8086 mit 8 MHz, eine CPU, die Ende der siebziger Jahre als 16-Bit-Pionier entwickelt wurde. Sie adressierte bis zu 1 MB Speicher in Segmenten; im PC200 waren 512 KB verbaut, auf 640 KB erweiterbar. Ein Sockel für den optionalen mathematischen Koprozessor 8087 war vorgesehen. Als Massenspeicher diente ein eingebautes 3,5"-Diskettenlaufwerk mit 720 KB, eine Festplatte gab es nicht. Wer mehr wollte, konnte ein zweites Laufwerk extern nachrüsten, etwa ein 5,25"-Laufwerk mit 360 KB.

Das Gehäuse maß etwa 45 × 33,5 × 8,5 cm, wog rund 5,4 kg und integrierte Platine, Netzteil und Tastatur. Hinten befand sich eine Klappe mit zwei 8-Bit-ISA-Steckplätzen. Theoretisch konnte man Erweiterungskarten einsetzen, praktisch ragten sie aber wegen der flachen Bauweise heraus, sodass man das Gehäuse nicht mehr schließen konnte. Ein Tester spottete, man müsse den Rechner „dauerhaft offen lassen“, wollte man die Erweiterbarkeit nutzen. An Schnittstellen bot der PC200 neben RGB und HF-TV-Ausgang eine serielle RS-232-Buchse, eine parallele Centronics-Schnittstelle, einen Joystick-Port und einen Mausanschluss. Amstrad lieferte eine eigene Maus mit, dazu optional Monitore (14-Zoll-Farbe oder 12-Zoll-Grün), einen Joystick im passenden Design und einen Nadeldrucker.

Beim Grafik- und Soundvermögen zeigte sich die größte Schwäche. Der PC200 bot nur IBM-CGA-Standard: 320 × 200 Pixel bei vier Farben oder 640 × 200 mit zwei Farben. Auf dem Fernseher war die Lesbarkeit so schlecht, dass man nur 40 Spalten darstellen konnte, 80 Spalten gingen nur auf einem TTL-Monitor. Verglichen mit dem Amiga, der 32 Farben bei höherer Auflösung oder gar 4096 im HAM-Modus bot, oder dem Atari ST mit 16 Farben bei 320 × 200, wirkte der PC200 wie aus der Zeit gefallen. Ein Kritiker bemerkte süffisant, er biete „weniger Farben als selbst der Spectrum“. Für den Ton sorgte allein der einfache PC-Lautsprecher, der lediglich piepste – keine Musik, keine Effekte. Gegenüber den drei Tonkanälen des Atari ST oder den vier Stereokanälen des Amiga war das ein Rückschritt.

Mitgeliefert wurde MS-DOS 3.3 oder alternativ DR-DOS, dazu die grafische Oberfläche GEM, die mit Mausbedienung Fenster und Icons ermöglichte, als Windows noch kaum verbreitet war. Außerdem packte Amstrad ein kleines Organiser-Programm mit Adressbuch und Kalender hinzu sowie einige Spiele auf Diskette, darunter Bedlam und Trantor. Diese einfachen CGA-Titel konnten mit den farbenfrohen Produktionen der Konkurrenz nicht mithalten. Immerhin war die Softwarekompatibilität groß, da der PC200 im Kern ein PC war – Office-Pakete, Lernprogramme und viele ältere Spiele liefen. Doch das Fehlen einer Festplatte und die schwache Grafik machten ernsthafte Nutzung mühsam.

Der Preis lag bei 299 Pfund ohne Monitor, 399 Pfund im Bundle mit Monochrommonitor und 499 Pfund mit Farbmonitor. 299 Pfund entsprachen damals etwa 650 bis 700 Euro und inflationsbereinigt rund 900 Euro heutiger Kaufkraft. Damit war der PC200 kaum günstiger als ein vollwertiger Atari ST oder ein abgespeckter Amiga.

Die Resonanz war entsprechend verhalten. In Großbritannien bot nur die Kette Comet den Rechner an, während große Händler wie Dixons ihn ignorierten. Schon vor Weihnachten 1988 wurde spekuliert, Amstrad könne das Modell einstellen. Zeitungen berichteten von „fehlender Begeisterung“; die geplante Werbekampagne wurde gestrichen. Alan Sugar selbst gestand später ein, dass der PC200 kein Erfolg war. Der neue UK-Chef Barry Young formulierte es diplomatisch: „Ich würde den PC200 nicht gerade als eines unserer erfolgreichsten Produkte bezeichnen.“ Wenige Monate später war er vom Markt verschwunden, Restbestände wanderten in andere Länder.

In der Fachpresse überwogen die negativen Urteile. Kritiker bezeichneten den PC200 als „Entwicklungsziel ohne Markt“. Er war zu schwach für Spiele, zu eingeschränkt für ernsthafte Büroarbeit, und selbst Amstrads eigener PC1512 war die bessere Wahl. In Deutschland fielen die Tests ähnlich aus, wenngleich er als Rarität wahrgenommen wurde. Verkauft wurden nur wenige zehntausend Geräte, genaue Zahlen nannte Amstrad nie.

Die Entwickler des PC200 stammten aus Amstrads eigenem Designteam, das auch für die CPC- und PCW-Serien verantwortlich war. Alan Sugar selbst hatte die strategische Linie vorgegeben, die Marke Sinclair noch einmal zu nutzen, doch die Ingenieure mussten unter striktem Kostendruck arbeiten. Namen wie Cliff Lawson tauchen im Zusammenhang mit Amstrads PC-Entwicklung häufiger auf, auch wenn konkrete Credits beim PC200 kaum dokumentiert wurden.

Als Fazit bleibt: Der Sinclair PC200 war der letzte Computer, der den Sinclair-Namen trug. Er führte das Unternehmen nicht in eine neue Richtung, sondern entpuppte sich als Sackgasse. Während Amstrad mit der PC2000-Serie und später mit hybriden Konzepten wie dem Mega PC durchaus Innovation wagte, blieb der PC200 ein Mahnmal dafür, dass man mit halbgaren Konzepten zwischen Heimcomputer und PC keine Märkte erobern konnte. Heute ist er eine gesuchte Rarität, die weniger durch ihre Fähigkeiten als durch ihren ungewöhnlichen Platz in der Geschichte fasziniert.