Coleco Telstar Gemini – Der letzte große Pong
Im Sommer 1978 stand in vielen amerikanischen Wohnzimmern noch das Echo des Pong-Booms in der Luft. Doch während Atari und Fairchild längst programmierbare Module auf den Markt brachten, hielt Coleco an seiner erfolgreichen Telstar-Linie fest. Der Telstar Gemini war dabei so etwas wie das finale Kapitel einer Ära – ein letzter Versuch, aus der betagten Pong-Technik ein Stück Designkultur zu formen.
Coleco hatte seit 1976 eine wahre Pong-Flut produziert: Telstar Alpha, Ranger, Combat, Colortron – jedes Modell mit leicht anderer Variante des beliebten Ball-und-Schläger-Spiels. Der Gemini unterschied sich jedoch in einem entscheidenden Detail: Er besaß abnehmbare Controller, die wie futuristische Fernbedienungen wirkten und das Kabelchaos früherer Modelle beseitigten. Für ein Gerät, das 1978 noch in Wohnzimmern mit Holzpaneelen stand, war das bemerkenswert fortschrittlich. Popular Electronics lobte damals: „Der Telstar Gemini ist vielleicht Colecos ausgefeilteste Umsetzung der Pong-Formel – abnehmbare Steuerungen und ein elegantes Design zeigen Gespür für die Ästhetik moderner Wohnzimmer.“
Im Inneren arbeitete kein Prozessor im heutigen Sinn, sondern der bewährte General Instrument AY-3-8500-1, jener legendäre Pong-Chip, der unzählige Konsolen dieser Zeit antrieb. Er erzeugte sechs Spielvarianten – Tennis, Squash, Handball, Hockey, Practice und Jai-Alai – allesamt Variationen eines einzigen Prinzips. Keine ROM-Module, keine Speichererweiterung, kein Mikroprozessor – nur reine Schaltungskunst. Der Bildschirm blieb monochrom, die Ballgeschwindigkeit analog geregelt. Doch gerade diese Einfachheit machte den Reiz aus.
Das Gehäuse des Gemini wirkte modern, fast luxuriös. Schwarzer Kunststoff, eine silberne Frontplatte und die typische Coleco-Holzoptik am Rand – eine Mischung aus Raumfahrt und Wohnzimmermöbel. An der Rückseite fand sich der Anschluss für eine optionale Lightgun, die auf dasselbe Prinzip wie beim Telstar Marksman setzte: ein lichtempfindlicher Sensor im Lauf, der den Punkt des CRT-Bildschirms erfasste. Damit zielte Coleco buchstäblich auf ein Publikum, das schon das Ende der Pong-Ära herannahen sah.
Zum Verkaufsstart kostete der Gemini rund 80 US-Dollar, was heute etwa 340 Euro entspräche – kein Schnäppchen für eine Konsole ohne austauschbare Spiele. Dennoch verkaufte Coleco rund 200 000 Einheiten, bevor der Markt 1979 vollständig zusammenbrach. Video Review Magazine schrieb damals treffend: „Coleco presst die letzten Tropfen Spaß aus der Pong-Hardware – der Gemini sieht großartig aus, kommt aber zu spät.“
Im Rückblick wirkt der Gemini wie das liebevoll geschnitzte Totem eines aussterbenden Stammes. Electronic Fun with Computers & Games bezeichnete ihn später poetisch: „Es war die Dämmerung des analogen Spielens, und der Gemini stand wie ein stolzer Dinosaurier vor dem Aussterben.“ Und tatsächlich: Kurz nach dem Produktionsende konzentrierte sich Coleco auf programmierbare Systeme und Spielzeug – ein Kurs, der schließlich 1982 im ColecoVision gipfelte.
Heute ist der Telstar Gemini ein seltenes Sammlerstück. Er steht symbolisch für die Zeit, als Elektronik noch aus wenigen Transistoren und viel Optimismus bestand. Seine abnehmbaren Controller waren ein Blick in die Zukunft, sein monochromes Pong-Bild ein Blick in die Vergangenheit. Und so gleitet der Gemini in die Geschichte ein – als der Moment, in dem Coleco zum letzten Mal den Ball schlug, bevor die digitale Revolution endgültig begann.