Shock Trooper . 1985 by Mark Data Products

Der Title des Games
Als Shock Trooper 1985 zunächst für den TRS-80 Color Computer und kurz darauf 1986 für den Dragon 32/64 erschien, handelte es sich um einen typischen Plattformer aus dem Hause Microdeal – einem britischen Publisher, der für die beiden 6809-basierten Heimcomputer eine Vielzahl von Arcade-ähnlichen Titeln veröffentlichte. Entwickelt wurde das Spiel von Mark Data Products, einem kleinen Softwarestudio aus den USA, das eng mit Microdeal zusammenarbeitete. Verantwortlich für die Programmierung war Robert A. Shaw, der bei Mobygames auch als alleiniger Entwickler genannt wird. Weitere Mitwirkende sind nicht offiziell dokumentiert – die Spiele jener Zeit entstanden oft als One-Man-Projekte, und auch Shock Trooper bildet da keine Ausnahme. Vielleicht hätte aber ein zweites paar Augen vor Lizenzproblemen gewarnt. Der Titlescreen erinnert sich nicht nur zufällig an das Logo der Echsenmenschen aus der Serie „V- Die Besucher“. Auch die Musik ist einfach mal übernommen worden.
Der Spieler übernimmt die Rolle eines einzelnen Soldaten – eines sogenannten Shock Troopers –, der in eine feindliche Alienbasis eindringen muss, um nicht nur zahlreiche Gefahren zu überstehen, sondern auch Teile eines Raumschiffs zu sammeln, das die Rückkehr zur Erde ermöglichen soll. Dabei steht ihm eine Handwaffe zur Verfügung, um automatische Lasergeschütze zu deaktivieren, sowie ein "Inviso Device", das zeitlich begrenzte Unsichtbarkeit bietet.

Logo der Invasoren aus "V-Die Besucher"
Die Spielfigur ist ständig steigender radioaktiver Strahlung ausgesetzt, was über einen deutlich sichtbaren Strahlenbalken angezeigt wird. Ist dieser Balken voll, ist das Spiel zu Ende – unabhängig davon, wie viele Leben man sonst noch hätte. Strategisches Vorgehen ist also gefragt: gezieltes Ausschalten von Gegnern, das Aufsuchen von Dekontaminationskammern und das effektive Nutzen der Unsichtbarkeit sind entscheidend für den Spielfortschritt.
Die Dragon-Version enthält 14 Bildschirme, die in klassischer Einzelbildschirm-Logik nacheinander durchquert werden. Ziel jedes Abschnitts ist es, Generatoren zu zerstören, welche Kraftfelder oder Laserschranken deaktivieren. Die Gegner – meist automatische Verteidigungssysteme wie Laseremitter und Roboter – verhalten sich teilweise dynamisch und patrouillieren auf festen Bahnen. Die Spielfigur kann laufen, springen und schießen, wobei die Steuerung auf dem Dragon durch Joystick oder Tastatur möglich ist. Die Spielgrafik galt für Dragon-Verhältnisse als überdurchschnittlich detailliert, besonders die stilisierte Spielfigur mit Helm und das technoide Leveldesign wurden positiv erwähnt. Die Dragon-spezifische Farbpalette wurde voll ausgenutzt, obwohl durch den PAL-Farbraster der typische Farbklecks-Effekt zu leichtem Farbschimmer neigte – ein "Feature", das jedem Dragon-32-Besitzer wohlvertraut war.
Eine Musikuntermalung gibt es nicht – wie bei vielen Dragon-Spielen blieb es bei Soundeffekten, die durch den eingebauten 6-bit DAC des Dragon erzeugt wurden. Die Laserschüsse, Treffer und Warnsignale klingen entsprechend metallisch, aber funktional. Ein Musiker ist nicht dokumentiert, was nahelegt, dass Robert A. Shaw auch diese Teile selbst verantwortete. Für damalige Verhältnisse war das weder ungewöhnlich noch unüblich.
Die Entwicklungsgeschichte ist in Teilen rekonstruierbar. Laut erhaltenen Informationen aus zeitgenössischen Quellen – darunter u. a. ein Werbeeintrag im Dragon User Magazine (Januar 1986) sowie Interviews mit Entwicklern von Mark Data Products – war Shock Trooper ursprünglich als TRS-80 Color Computer-Titel gedacht und wurde nach Fertigstellung durch Microdeal auf den Dragon 32/64 portiert. Beide Plattformen waren technisch weitgehend identisch, basierten sie doch auf dem Motorola 6809E-Prozessor. Während der Portierung wurden minimale Anpassungen vorgenommen, etwa hinsichtlich der Farbpalette und Tastenbelegung. Weitere Inhalte oder Levels kamen jedoch nicht hinzu. Es existieren keine Hinweise auf gestrichene Inhalte, Bonuslevel oder verworfene Mechaniken. Ein Interview mit Robert A. Shaw ist nicht überliefert, allerdings sind in alten Microdeal-Unterlagen aus der Zeit keine Planungen für Fortsetzungen oder Erweiterungen vermerkt.
Internationale Bewertungen sind spärlich dokumentiert. In Großbritannien erhielt Shock Trooper im Magazin Dragon User eine kurze Besprechung, in der es als „ein herausforderndes, technisch eindrucksvolles Spiel“ bezeichnet wurde. In Deutschland tauchte es in keiner großen Spielepresse wie Happy Computer oder ASM auf – der Dragon war hierzulande ohnehin kaum verbreitet. Auch auf dem US-Markt blieb das Spiel eine Randerscheinung. Verkäufe lassen sich nicht mit exakten Zahlen belegen, jedoch gehen Sammlerportale wie World of Dragon oder Dragon Archive davon aus, dass es sich um einen der mittelmäßig erfolgreichen Microdeal-Titel handelte – weder Ladenhüter noch Kassenschlager. Aufgrund der geringen Verbreitung des Dragon insgesamt – Schätzungen zufolge unter 100.000 verkaufte Geräte weltweit – dürften die Verkaufszahlen im fünfstelligen Bereich geblieben sein.
Einen besonderen Stellenwert genießt das Spiel heute in der aktiven Retro-Szene, insbesondere unter Dragon-Enthusiasten. In Foren wie Dragon Archive UK und CoCoTalk wird es regelmäßig als eines der technisch ausgefeiltesten und grafisch stärksten Spiele für die Plattform genannt. Besonderes Lob erhält dabei die durchdachte Kombination aus Zeitdruck, taktischem Vorgehen und Plattform-Elementen – ein Spielprinzip, das an spätere Titel wie Impossible Mission erinnert, obwohl es klar vorher erschien. Einige Spieler wiesen zudem darauf hin, dass es möglich sei, sich mit dem Inviso Device in bestimmte Wandbereiche zu „glitchen“, was zu alternativen Wegen führen kann – ob beabsichtigt oder Bug, ist nicht abschließend geklärt.
Konvertierungen auf andere Systeme wie C64, ZX Spectrum oder Amstrad CPC existieren nicht, und es ist auch keine geplant gewesen. Shock Trooper bleibt damit ein echter Exklusivtitel für die 6809er-Welt. Es gab Überlegungen bei Microdeal, verstärkt auf den Amiga zu setzen, doch Shock Trooper war nie Teil dieser Strategie.
Was bleibt, ist ein Spiel, das seine Plattform technisch reizte, seine Genregrenzen für damalige Verhältnisse mutig ausdehnte und seinen Platz in der Geschichte der britischen Heimcomputer verdient behauptet. Wer heute noch mit einem Dragon spielt, sollte dieses Spiel kennen – und wer es durchspielt, darf sich mit Recht Shocktrooper nennen, ganz ohne Strahlenbelastung.