VC 20

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VC 20

Commodore VIC 20Der VC 20, oft auch als VIC-20 bezeichnet, markierte einen Wendepunkt in der Heimcomputer-Revolution und wurde von Commodore als günstiger und benutzerfreundlicher Einstieg in die digitale Welt konzipiert. Seine Entstehungsgeschichte ist eng verknüpft mit der Vision von Jack Tramiel, der als charismatischer CEO von Commodore – ein Überlebender, der sich vom Leid der Vergangenheit in die Zukunft kämpfte – den Anspruch verfolgte, „Computer für die Massen“ zu erschwinglichen Preisen anzubieten. In Zusammenarbeit mit talentierten Ingenieuren wie Robert Russell, Bill Seiler und dem visionären Al Charpentier, der maßgeblich an der Entwicklung des Grafikchips beteiligt war, entstand ein Gerät, das durch seinen günstigen Preis, seine Zugänglichkeit und seine innovative Technik bestach.

Im Herzen des VC 20 arbeitete der 8-Bit-MOS 6502-Prozessor, dessen reduzierte Befehlssatzarchitektur und kostengünstige Herstellung es ermöglichten, den Rechner zu einem Listenpreis von 299 US-Dollar auf den Markt zu bringen – was inflationsbereinigt etwa 940 Euro im Jahr 2025 entspricht. Der Prozessor, der mit rund 1 MHz getaktet war, ermöglichte trotz seiner bescheidenen Leistung, einfache Programme und Spiele auszuführen, indem er einen effizienten Kompromiss zwischen Preis und Funktionalität fand. Die Architektur des 6502 zeichnete sich durch eine übersichtliche und leicht zu erlernende Befehlssprache aus, was ihn insbesondere für Hobbyprogrammierer attraktiv machte.

Der VC 20 verfügte über einen eigens entwickelten Video Interface Chip, der nicht nur den Namen des Computers prägte, sondern auch für die Darstellung von bis zu 16 Farben und einer Bildschirmauflösung von 176 × 184 Pixeln verantwortlich war. Zwar fehlten fortgeschrittene grafische Features wie hardwaregestützte Sprites und Smooth-Scrolling, dennoch ermöglichte die Grafiklösung eine solide Darstellung von Spielwelten und Benutzeroberflächen. Ergänzt wurde das audiovisuelle Erlebnis durch einen integrierten Soundchip, der drei gleichzeitige Stimmen erzeugen konnte – eine Leistung, die den Ansprüchen der damaligen Spielelandschaft genügte, auch wenn sie später von komplexeren Systemen wie dem SID-Chip des Commodore 64 übertroffen wurde.

Das Betriebssystem des VC 20 bestand aus einem in ROM integrierten BASIC-Interpreter, der es den Anwendern erlaubte, direkt beim Einschalten in die Programmierwelt einzutauchen und eigene Anwendungen zu entwickeln. Der Aufbau des Computers war kompakt und durchdacht: Mit Abmessungen von etwa 34 cm in der Breite und 21 cm in der Tiefe präsentierte sich der VC 20 in einem schlichten „Brotkasten“-Design, das später zum Markenzeichen von Commodore wurde. Er bot eine Vielzahl von Anschlüssen, darunter einen Expansion Port für Speichererweiterungen – die den verfügbaren Arbeitsspeicher von ursprünglich 5 KB (davon rund 3,5 KB nutzbar) auf bis zu 32 KB erweitern konnten –, einen seriellen IEC-Bus für Diskettenlaufwerke und Drucker, einen Joystick-Port kompatibel zu Atari-Controllern, sowie einen Composite-Video-Ausgang, der sowohl an Fernsehgeräte über einen HF-Modulator als auch an Monitore angeschlossen werden konnte.

Die Massenspeicheroptionen umfassten anfangs vor allem das Datasette-Laufwerk für Kassetten und später die Diskettenlaufwerke der VC-1540-Serie, die den Zugriff auf größere Datenmengen ermöglichten. Auch geplante Peripheriegeräte wie zusätzliche Erweiterungsmodule und spezielle Drucker wurden bereits in Presseberichten als Teil eines wachsenden Ökosystems angekündigt, das den VC 20 nicht nur als reinen Spielzeugcomputer, sondern als vielseitiges Werkzeug für den Alltag positionieren sollte.

In den Medien wurde der VC 20 stets als „Volkscomputer“ gefeiert. Die Zeitschrift BYTE berichtete 1981: „Mit diesem Preis-Leistungs-Wunder können auch Einsteiger ohne Vorkenntnisse die Welt des Computings entdecken“ – eine Einschätzung, die auch von der New York Times aufgegriffen wurde, als sie den Rechner als „ein Tor zur digitalen Revolution für jedermann“ bezeichnete. In Deutschland lobte das Magazin CHIP die einfache Bedienbarkeit und die Möglichkeit, erste Programmiererfahrungen zu sammeln, während Computer Kontakt die breite Kompatibilität mit bestehenden PET-Peripheriegeräten hervorhob. Anekdotisch kursierte in Entwicklerkreisen die Geschichte, dass in Japan das Modell als VIC-1001 auf den Markt kam, ein Name, der noch technischer klang und so dazu beitrug, den internationalen Ruf des Rechners zu stärken – auch wenn im deutschen Sprachraum der Name VC 20 gewählt wurde, um phonetische Missverständnisse zu vermeiden.

Die Werbekampagne des VC 20 mit William Shatner war ein genialer Marketing-Schachzug von Commodore, der den Heimcomputer nicht nur als technisches Gerät, sondern als Lifestyle-Produkt positionierte – und das in einer Zeit, in der Computer für viele noch mystisch und unnahbar wirkten. Shatner, international bekannt als Captain James T. Kirk aus der originalen Star Trek-Serie, war die perfekte Besetzung: ein Gesicht der Zukunft, das Vertrauen und Abenteuerlust ausstrahlte. In den Werbespots, die Anfang der 1980er Jahre im US-Fernsehen liefen, trat Shatner selbstsicher vor die Kamera und fragte das Publikum: „Why buy just a video game?“
Dabei hielt er den VC 20 in den Händen – nicht als Maschine, sondern als Einladung, selbst zu entdecken, zu programmieren, zu lernen. Der Spot ging weiter mit dem Satz:
„Introducing the wonder computer of the 1980s: the Commodore VIC-20.“ Diese Werbung war nicht nur optisch ansprechend, sie hatte auch eine klare Botschaft: Der VC 20 war mehr als eine Konsole, mehr als ein Spielzeug. Er war ein Computer – zum Arbeiten, Lernen und natürlich auch zum Spielen. Durch die Star-Trek-Assoziation bekam der VC 20 ein futuristisches Image, das ihn deutlich von Konkurrenten wie dem Atari VCS oder den ersten Sinclair-Modellen abhob. Während andere Hersteller Technik zeigten, verkaufte Commodore Visionen. In einem Print-Werbemotiv war Shatner mit verschränkten Armen abgebildet, mit dem Slogan:
„The Commodore VIC-20. The first computer that talks back to you.“ Gemeint war damit die Interaktivität, die über reines Gameplay hinausging – der Benutzer konnte Programme schreiben, den Computer „antworten“ lassen, eigene Welten erschaffen. In Wahrheit konnte der VC 20 zwar nicht „sprechen“, aber im übertragenen Sinne war die Werbebotschaft kraftvoll. Commodore profitierte stark von dieser Kampagne. Die Verkäufe schnellten hoch, und der VC 20 wurde der erste Computer, der über eine Million Mal verkauft wurde. Shatners Bekanntheit half dabei, technikferne Haushalte zu erreichen – Eltern, Lehrer, Kinder. In einem Interview sagte Shatner später mit einem Augenzwinkern: „I was selling the future. And honestly, I believed in it.“

Im Vergleich zu Konkurrenzmodellen wie dem Apple II oder dem Sinclair ZX Spectrum hatte der VC 20 klare Vor- und Nachteile. Während er durch seinen niedrigen Preis, die einfache Handhabung und die reiche Spielebibliothek überzeugte, waren seine technischen Spezifikationen – etwa der geringe Arbeitsspeicher, die limitierte Grafik- und Soundleistung – schnell überholt, als leistungsfähigere Systeme aufkamen. Dennoch legte der VC 20 den Grundstein für spätere, leistungsstärkere Modelle von Commodore und trug wesentlich dazu bei, dass Computer in den 1980er Jahren zu einem Massenprodukt wurden. Insgesamt bleibt der VC 20 ein faszinierendes Beispiel dafür, wie technisches Können und strategische Marktausrichtung zusammengeführt werden können, um einen historischen Meilenstein in der Computergeschichte zu schaffen. Trotz seiner begrenzten technischen Möglichkeiten bot der Commodore VC 20 eine beachtliche Auswahl an Spielen, die sowohl kommerziell erfolgreich als auch kreativ bemerkenswert waren. Games, wie etwa Gorf (1982), Omega Race, Radar Rat Race oder Choplifter!, zeugten von seinen spielerischen Fähigkeiten.

 

 

Veröffentlicht in Systeme.

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