Gekko Prozessor

By Baz1521 - ja.wikipedia.org
Im Mai 1999 kündigte Nintendo zusammen mit IBM einen milliardenschweren Vertrag über die Entwicklung eines maßgeschneiderten PowerPC-Mikroprozessors für die nächste Konsolengeneration („Dolphin“, später GameCube) an. Nintendo-Manager Howard Lincoln versprach damals einen “400 MHz” Prozessor, der “das leistungsstärkste Central Processing Unit-System eines jeden derzeitigen oder geplanten Heimvideospiels… sein wird”. IBM verpflichtete sich, den Chip – Gekko genannt – auf Basis seiner PowerPC-Architektur zu entwickeln und in 0,18‑Mikron-Kupfertechnik bei der Fabrik in Burlington, Vermont, zu fertigen. Die offizielle Präsentation bestätigte später einen Takt von 485 MHz für Gekko. Nintendo blieb zwar vage bei Herstellkosten, doch Medienberichte spekulierten, dass der komplette GameCube laut angeblich unbestätigten Quellen nur rund 20 US-Dollar Produktionskosten pro Konsole verursachte (inflationsbereinigt heute etwa 30 Euro). Diese hohe Marge – bei einem UVP von 199 US-Dollar – trug dazu bei, dass Nintendo profitabel blieb, während die Xbox und PS2 teils mit Verlusten operierten.
Technisch ist Gekko ein superskalarer, aus der PowerPC-750-Serie (G3) abgeleiteter 32-Bit-Prozessor. Er verwendet zwei vierstufige Pipelines für Ganzzahlbefehle und eine siebstufige Pipeline für Gleitkommaoperationen. Der Chip enthält zwei 32-Bit-Integer-ALUs und eine 64-Bit-FPU mit 32 64-Bit-Floating-Point-Registern (zusätzlich zu 32 32-Bit-GPR). Die Hardware wurde um spezielle Erweiterungen ergänzt: etwa etwa 50 neue SIMD-Befehle (Single instruction, multiple data), die in einem Takt zwei 32-Bit- oder ein 64-Bit-Gleitkommawert bearbeiten können, sowie eine Write-Gather-Einheit für effizientes Blockschreiben und ein teilweiser L1-Cache als 16 KB Scratchpad. Der Front-Side-Bus arbeitet mit 162 MHz (drei Taktzyklen entspricht dem 486-MHz-Kerntakt). Die Chipfertigung erfolgte in 0,18‑Mikron-Kupferprozess, was IBM als “fortschrittlichste Chiptechnologie” pries. Gekko enthält 64 KB L1-Cache (Code und Daten) und 256 KB L2-Cache on-chip. Durch die kompakte Fertigung blieb der Die-Flächenbedarf klein (unter 45 mm²) und der Stromverbrauch niedrig – nur etwa 5 W unter Volllast.
Die GameCube-Architektur nutzt schnellen 1T-SRAM-Hauptspeicher: 24 MB 1T-SRAM mit etwa 10 ns Zugriffszeit und einem 162-MHz-Bus dienen als Haupt-RAM, ergänzt durch 16 MB langsameren DRAM für Audio und peripherieintensive Aufgaben. Dieser einheitliche Speicherbus ließ CPU und Grafikchip (Flipper) effizient zusammenarbeiten. In Benchmarks konnte ein gleichschnell getakteter x86-Prozessor (etwa ein 733 MHz Pentium III wie in der Xbox) den Gekko klar überholen; jedoch hatte Gekko architektonische Vorteile: umfangreichere Register, neue Instruktionen und vor allem einen deutlich niedrigeren Stromverbrauch. So erzeugt Gekko nur rund ein Drittel der Wärme eines Xbox-CPUs und benötigt weniger Platz, was kostensparend war und Nintendo niedrigere Preise (199 statt 299 US-$) erlaubte.
Zum Vergleich: Sonys PlayStation 2 setzte auf einen 294 MHz MIPS-Prozessor (Emotion Engine) mit integrierten Vektor-Einheiten, Microsofts Xbox nutzte einen 733 MHz Coppermine-Pentium-III. In dieser Generation konnte die Xbox-CPU bezüglich reiner Integer-Leistung oft den Gekko übertreffen, doch die kompliziertere PS2-Architektur galt als schwieriger zu programmieren. Gekko, so versprach Nintendo, übertrifft jedoch jedes gegenwärtige Heim-Videospiel-CPU-System in seiner Rechenleistung. Nintendo-Gründer Shigeru Miyamoto kommentierte enthusiastisch, Gekko eröffne neue Möglichkeiten – etwa ein nächstes Level an Grafik für Spiele wie Zelda.
In wirtschaftlicher Hinsicht war Gekko ein Erfolg: Er steckte in nahezu allen weltweit verkauften GameCubes (ca. 22 Mio. Stück bis 2007), sodass IBM entsprechend viele Chips lieferte. Die genaue Stückzahl der hergestellten Gekko-Prozessoren ist nicht öffentlich, doch IBM-Kenner berichten über zweistellige Millionenauflagen. Die niedrigen Produktionskosten pro Konsole ließen Nintendo hohe Margen erzielen.

Keith Diefendorff

Picture from "The New York Times"
Die Entwickler hinter Gekko kamen aus IBM und Nintendo. IBM-Architekten, darunter erfahrene PowerPC-Designer wie Keith Diefendorff (anfangs Lead-Architekt der PowerPC-ISA), sorgten für die Hardwarerealisierung in Burlington. Nintendo-Ingenieure und Manager wie Howard Lincoln (damals Nintendo of America Chairman) leiteten das Projekt intern und dienten als Ansprechpartner bei Messen. Miyamoto, Nintendo-Gründungsmitglied und Grafik-Legende, definierte die Software-Vision, während Grafikingenieur Wei Yen (ehemals SGI, Mitbegründer von ArtX) parallel an der Flipper-GPU arbeitete. Ihre Biografien stehen exemplarisch für den Crossover: erstklassige IBM‑Chipdesigns gepaart mit Nintendo‑Spielideen.
Gekko inspirierte spätere Wii-Ableger: Der Wii-Prozessor Broadway ist praktisch ein 750CL‑Revision mit 50 % höherer Taktrate (729 MHz) und sehr ähnlicher Architektur. Außerhalb von Nintendo-Hardware kam Gekko nur einmal vor: Die Triforce-Arcadeplatine (2002, eine Kooperation von Nintendo, Sega und Namco) verwendete eine GameCube-nahe Hardware mit genau dem IBM-Gekko-CPU. Ansonsten setzten PS2, Xbox und spätere Konsolen auf andere Architekturen (Sony blieb bei MIPS/Cell, Microsoft bei x86 bzw. später PowerPC/Xenon in der Xbox 360), sodass Gekko-Chips exklusive Kernbestandteil der Nintendo-Systemfamilie blieben.
Nintendo stellte den Lizenznehmern für Gekko-Software eine vollständige Entwicklungsumgebung bereit. Als Compiler und IDE nutzte man Metrowerks’ CodeWarrior, das einen stark optimierten C/C++-Compiler und Assembler für den Gekko enthielt. Tatsächlich wurde das GameCube‑Betriebssystem selbst mit CodeWarrior erzeugt, einer integrierte Entwicklungsumgebung der Firma Freescale, die zuvor ein Tochterunternehmen des Chipherstellers Motorola darstellte. Entwickler konnten damit Projekte in einzelne Modulteile (RELs) aufspalten und direkt auf die Konsole laden. Für das Debuggen wurden offizielle Dev‑Konsolen ausgegeben: Nintendo setzte auffällige Blaue (NR Reader) und Rote (NPDP Reader) Prototyp-Units ein, die anstelle von Gamecube‑Discs Spezialmedien lesen konnten. Die NPDP-Einheiten enthielten sogar Festplattenkartuschen und eine PC-Schnittstelle (NPDP-ODEM), um neue Spielversionen schnell vom Entwicklungsrechner in die Hardware zu streamen. Zusätzlich gab es Hilfshardware wie Memory-Card-Emulatoren. Ein klassischer Software-„Simulator“ (Emulator auf dem PC) wurde offiziell nicht benötigt – Nintendo empfahl, direkt auf der Hardware zu entwickeln und CodeWarrior zusammen mit den speziellen Dev-Kits einzusetzen.
Zusammenfassend kombinierten die Gekko-Entwickler IBM‑Chipkompetenz mit Nintendos Spieleanforderungen zu einem effizienten CPU-Design. Trotz der geringeren Rohleistung gegenüber manchen Konkurrenten erwies sich Gekko als kosteneffizient und zuverlässig – ein Schlüsselbestandteil des technisch kompakten GameCube-Systems.