Terrorpods – 1987 by Psygnosis

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Terrorpods - 1987 by Psygnosis

terrorpods coverWas haben die Planeten „Erde“ und „Colian“ gemein? Richtig, Bodenschätze, die nur darauf warten, eingesammelt zu werden. „Und während einer eine Grube gräbt, der Konkurrent mit Begeisterung Dir eine klebt“. Die Hintergrundstory klingt dabei absurd, erfüllt aber ihren Zweck: Kolian war einst föderatives Hoheitsgebiet mit reichen Mineralvorkommen (Detonite, Quanza, Zenite, Aluma). Nach der Eroberung durch das Imperium werden die Kolonien zur Erzschmelze gezwungen. Die Föderation schickt einen Agenten ins Herz des Geschehens, doch das Imperium erkennt die Spionage und will alle Zeugen vernichten. Der Spieler fährt daher in einem schwer beherschbaren DSV (Defence Strategy Vehicle) über Colian, errichtet Handelsposten, repariert beschädigte Städte und schleust Ressourcen zwischen den Minen hin und her. Terrorpods verbindet dabei Shooter-Action mit Wirtschaftssimulation: Man braucht laut Entwickler „Fähigkeiten in strategischem Management ebenso wie im Sprengen“ (“both management strategy qualities as well as blasting skill”“. Neben angreifenden Terrorpods und einem unzerstörbaren Mutterschiff stören Piratenfahrzeuge („Spoiler“), die Rohstoffe klauen. Ziel ist schließlich, alle sechs Teile eines Terrorpods zu sammeln und sich so selbst ein Kriegsgerät zu bauen – erst dann endet die Mission erfolgreich.

Entwickelt wurde Terrorpods intern bei Psygnosis in Liverpool unter Leitung von Ian Hetherington, der sowohl Konzept als auch Programmierung übernahm. Unterstützt wurde er von Grafikern wie Colin Rushby (Ebenen, Landschaften) und Jeff Bramfitt (Titelsequenzen). Die Marke Psygnosis war damals bekannt für ihre aufwändigen Grafiken und ausgefallenen Namensgebung, die teilweise schwer greifbare Storys nach sich zog: Hetherington selbst prägte den Leitspruch, dass man bei Psygnosis immer „mit einem technischen Ziel beginnt – etwas Neues in der Grafik zu erreichen“. Anschließend kam erst die Handlung. Er witzelte einmal, die Entwickler hätten gerade ihr neuestes Grafik-Feature fertig, wenn „alle japanischen Kollegen nur fragen: ‚Und was ist die Story?‘“. Kein Wunder also, dass Terrorpods im Zentrum zunächst ein Gameplay-Innovationsprojekt war und sich die Hintergrundgeschichte erst in der Spielanleitung entfaltete.

Zum Release im Spätsommer 1987 erschien Terrorpods auf Amiga und Atari ST. Dem Spiel lag sogar ein beidseitig bedruckbares Poster von Tim White bei, das drei Terrorpods beim Abbau zeigt – ein hübsches Extra, das viele Käufer begeisterte. Die ikonischen Boxzeichnungen entstammten jedoch einem älteren Projekt: Roger Dean hatte dieselben Designs ursprünglich für Jeff Waynes LP-Umsetzung von Krieg der Welten angefertigt. Da dieser Entwurf verworfen wurde, konnten Dean und White ihre Illustrationen später anderweitig verwerten. Auch im Spiel selbst blieb das lyrische Potenzial gering: Ein CU Amiga-Autor scherzte damals, man brauche nur einen „böse klingenden Namen (Terrorpods zum Beispiel) einzugeben, und der Computer drucke prompt eine passende – wenn auch ungeheuer langweilige – Novelle aus“. Erst wer sich durch die Einführungstexte gekämpft hatte und alle Mechaniken verstanden hat, merkt, dass das Herzstück ein komplexes Spielprinzip ist.

Trotz der anfänglichen Einarbeitung gefiel Terrorpods vielen Spielern. Handelsseitig lag die Aktie gut: Die Atari-ST-Version erreichte im Dezember 1987 Platz 3 der britischen Verkaufcharts und hielt sich zwei Monate in den Top 10. Sie wurde 1989 in die Kompilation „Tenstar Pack“ aufgenommen. Exakte Verkaufszahlen sind bis heute nicht bekannt, doch die anhaltende Fangemeinde spricht Bände. Auf MobyGames erzielt Terrorpods gute 7,2 von 10 Punkten (basierend auf Spielerwertungen).

Kritiker standen dem Spiel durchwachsen gegenüber. Viele lobten die Grafik und die Mischung aus Action und Strategie: Atari ST User befand es etwa für „superb“ und hob die detailreichen Bilder und das spannende Gameplay hervor. Das US-Magazin Computer Gaming World schrieb: „Dies ist definitiv eines der besten Action-, Strategie- und Abenteuerspiele, die je für den ST vermarktet wurden.“ („This is definitely one of the best action, strategy, and adventure games ever marketed for the ST“) – ein seltener Ritterschlag. Auch die Power Play im deutschsprachigen Raum bewertete mit 8/10 ein starkes Spiel, lobte insbesondere das Artwork von Dean & White. Kritik gab es aber an der Komplexität: Über 16 Steuerknöpfe und Schalter müssen bedient werden, war die häufigste Beschwerde.

In anderen Besprechungen mündete das in Warnungen, dass das Spiel träge wirken kann. ACE schrieb ironisch: „Wenn du dein Geballer lieber mit der gelegentlichen Denkmöglichkeit gewürzt hast, könntest du schnell frustriert sein und dich schließlich langweilen.“ („If you prefer your blasting spiced with the odd chance to think then you could well get frustrated and, eventually, bored). Und das Amiga-Magazin Zzap! konstatierte fürs hohe Tempo auf ST und Amiga noch 69 %, monierte aber den stolzen Preis. Solche Kritiken spiegelten eine kontroverse Rezeption wider: Nostalgiker erinnern sich daran, dass Terrorpods zwar technisch eindrucksvoll aussah, aber schwer zu greifen war. Im Nachhinein zählt es zu den ungewöhnlichsten Hybrid-Spielen der Ära – und haltet schon mal eure Fusion-Cans bereit, denn wie ein Insider witzelte: Man wird beim nächsten Waffentest genauso vom Streben nach Zusatzausrüstung abgelenkt wie damals im Spiel!

Kleine Anekdoten am Rande: Unter den (unbezahlten) Testern war einst ein sichtlich begeisterter 14-jähriger namens Nick Burcombe, der später selbst Entwickler wurde. Er erinnerte sich, dass sein Vater die schwarzen Psygnosis-Verpackungen druckte – und weil er beim Elternbetteln erfolgreich war, durfte Nick Terrorpods während der Sommerferien ausgiebig testen: „Man bat mich, Terrorpods während meiner Schul-Sommerferien zu testen.“. Die Familie Psygnosis hatte eben schon immer Tradition. Ein anderes Detail: Auf dem Amiga-Boxcover prangert der psychedelische Firmenname, und dennoch hat Terrorpods keinen ausgewiesenen Komponisten – die Atmosphäre wird überwiegend von simplen Synth-Klängen und kurzen Titelliedern getragen.

Zu guter Letzt sei noch erwähnt, wie die Heimcomputer-Versionen entstanden: 1988/89 wandte Psygnosis Icon Design Ltd. damit betraute, das Spiel auf den C64, Amstrad CPC und ZX Spectrum zu bringen, jeweils herausgegeben von Melbourne House (außer die MSX-Fassung, die 1989 in Spanien bei Dro Soft erschien). Diese 8-Bit-Klone opferten allerdings den strategischen Tiefgang: Sie strichen sämtliche Elemente der Ressourcenverwaltung des Originals und wurden zum reinen Ballerspiel. Wer dennoch beide Welten erleben will, schnappt sich am besten die Amiga- oder ST-Version. Für moderne Retro-Fans lohnt es sich auf jeden Fall: Terrorpods verbindet auf skurrile Art Shooter-Action mit Wirtschaftsstrategie und gehört zu den außergewöhnlichsten Titeln seines Jahrgangs.

 

Veröffentlicht in Games.

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