Dynamac EL
Der Dynamac EL war der erste portable Macintosh-Klon und ein einzigartiger Versuch, den Apple Macintosh lange vor Apples eigenem Portable in ein transportables Format zu bringen. Entwickelt von der Dynamac Corporation in Colorado und vorgestellt im Frühjahr 1988, handelte es sich um einen inoffiziellen Macintosh-Plus-Umbau in Form eines tragbaren Computers. Apple hatte dem Unternehmen dafür eigens gestattet, Original-Macintosh-Komponenten wie das ROM und das Motherboard zu verwenden. Chefentwickler war Bill Goins, der nach dem Dynamac-Projekt zu Apple wechselte und später sogar beim lizenzierten Mac-Klon-Hersteller Power Computing tätig war. Die Modellbezeichnung „EL-1701-A“ war augenzwinkernd an die USS Enterprise aus Star Trek angelehnt, ein Detail, das den Enthusiasmus des Entwicklerteams zeigt.
Bereits das Vorgängermodell Dynamac von 1987 – im schweren Metallgehäuse und rund 11 kg Gewicht – hatte für Aufsehen gesorgt. Der Dynamac EL („Extra Light“ oder auch scherzhaft „ElectroLuminescent“) war die überarbeitete Leichtversion davon. Statt Metall setzte man ein spezielles schwarzes Cycolac-Plastikgehäuse ein, was das Gewicht auf etwa 8,2 kg senkte – immer noch eine Wucht, aber gut 3 kg leichter als der Ur-Dynamac. Optisch erinnerte das Gerät an einen klobigen schwarzen Aktenkoffer mit integriertem 9-Zoll-Bildschirm. Eine ausklappbare Tragegriff-Leiste diente gleichzeitig als Stütze, um das Display schräg zu stellen. Die Tastatur wurde – wie beim Mac Plus – über ein Spiralkabel angeschlossen, und als Zeigegerät musste mangels Trackball eine externe Maus dienen. Im Gegensatz zu Apples erst 1989 erscheinendem Macintosh Portable, der ohne Bildschirmhintergrundbeleuchtung auskam, besaß der Dynamac EL bereits einen beleuchteten Monitor. Seine Anzeige beruhte auf einem amberfarbenen Elektrolumineszenz-Panel, das mit 640 × 400 Pixeln eine für die Zeit großzügige Auflösung bot – höher als die üblichen 512 × 342 Bildpunkte des Macintosh Plus. Farben konnte der EL zwar keine darstellen, doch wurde die Darstellung als hell und gestochen scharf gelobt. Ein Tester schrieb begeistert, Dynamac biete „der Mac-Welt die Möglichkeit, flach zu gehen“ – ein Seitenhieb auf Apples fehlende portable Lösungen jener Zeit.
Technisch entsprach der Dynamac EL im Kern einem Macintosh Plus. Als Prozessor diente ein Motorola 68000 mit 8 MHz Taktfrequenz. Dieser 16/32-Bit-CISC-Chip war Mitte der 80er Apples Standard-CPU und bot – trotz fehlendem mathematischen Koprozessor – genügend Leistung für damalige Anwendungen. Die Dynamik des Systems entsprach einem Mac Plus, da sogar original Apple-ROMs und -Chips verbaut waren. Tatsächlich wurden für jeden Dynamac-Portable reguläre Macintosh-Platinen verwendet und in das neue Gehäuse „umgepflanzt“. Ein zeitgenössischer Bericht beschrieb es so: „Nur Apple kann einen Mac bauen. Die Dynamac-Leute bauen keine Macs, sie nehmen Apple-Komponenten, re-engineeren sie und fügen Komponenten anderer Hersteller hinzu.“ Die Entwickler von Dynamac kauften also Apple-Rechner ein und konstruierten daraus in Handarbeit einen Laptop – mit zusätzlichen Eigenentwicklungen wie der neuen Bildschirm-Ansteuerung und dem Gehäuse. Im Inneren saß die originale Macintosh-Logikplatine zusammen mit einer Tochterplatine, die Anschlüsse und Stromversorgung neu organisierte. Über dem Motherboard waren das 3,5″-Diskettenlaufwerk (800 KB, doppelseitig) und die Festplatte montiert. Je nach Kundenwunsch wurde eine SCSI-Festplatte mit 20 MB oder 40 MB Kapazität eingebaut. Auch ein internes Modem war verfügbar: standardmäßig 1200 bps, optional auch 2400 bps für schnellere DFÜ-Verbindungen.
An der Gehäusefront befand sich links das Diskettenlaufwerk und rechts Lüftungsschlitze sowie Status-LEDs. Auf der Rückseite bot der Dynamac EL eine Fülle von Anschlüssen, größtenteils identisch mit denen des Mac Plus: zwei Mini-DIN-8-Seriellports (für Drucker/Modem), ein großer DB-25-SCSI-Anschluss zum Anschluss externer Festplatten oder CD-ROMs, ein Diskettenport für ein externes 3,5″-Laufwerk sowie der Keyboard-Anschluss und der DB-9-Anschluss für die Maus. Darüber hinaus verfügte der Dynamac über Extras, die der Mac Plus nicht hatte: So gab es zwei RJ11-Telefonbuchsen für das interne Modem. Besonders hervorzuheben ist auch der Monitoranschluss – eine Schnittstelle, mit der man einen externen Bildschirm ansteuern konnte. Tatsächlich ließ sich der Dynamac bei Bedarf an große externe Monitore anschließen; Anwender berichteten, dass das Gerät sogar einen 21″-Apple-Monitor oder einen 13″-Farbbildschirm betreiben konnte, wofür eigens eine erweiterte Grafikkarte integriert war. Zusätzlich gab es einen RCA-Composite-Videoausgang (NTSC), um Präsentationen auf einem Fernseher anzeigen zu können – etwas, das bei Standard-Macs erst mit Zusatzhardware möglich war. Die Soundausgabe erfolgte über den eingebauten Lautsprecher und entsprach dem Macintosh-Standard: ein monophones 8-Bit-Signal, das vom 68000-Prozessor via DAC erzeugt wurde. Einen dedizierten Soundchip oder Stereo-Ausgang besaß der Dynamac nicht.
Mit seinen Maßen von etwa 36 × 38 × 8 cm und dem Gewicht von rund 8 kg war der Dynamac EL zwar tragbar, aber nur bedingt mobil. Ein Akkubetrieb war standardmäßig nicht vorgesehen – das Gerät lief primär am Stromnetz. Allerdings bot Dynamac einen externen Batteriepack als Zubehör an, um es kurzzeitig unabhängig von der Steckdose zu machen. Dieser Akku-Pack war optional und erhöhte das Gesamtgewicht weiter, zudem war die Laufzeit begrenzt. Die fehlende eingebaute Batterie sowie der Zwang, eine separate Maus mitzuführen, schränkten den praktischen Nutzen unterwegs etwas ein. Trotzdem war die Idee, überall ein vollwertiges Mac-System dabeizuhaben, äußerst reizvoll. Der Dynamac EL lief mit dem gewohnten Mac-Betriebssystem (System 6), war komplett softwarekompatibel und konnte alle Programme ausführen, die auch auf einem Macintosh Plus liefen. Tatsächlich unterstützte das Gerät später sogar Betriebssystem-Versionen bis System 7.5, was seine Zukunftssicherheit unter Beweis stellte.
Preislich war der Dynamac EL allerdings ein Luxusgut. Die Version von 1988 schlug mit etwa 6000 US-Dollar zu Buche – wohlgemerkt ohne Sonderausstattung. Das entsprach über 14.000 Dollar in heutiger Kaufkraft, also mehr als 12.000 Euro. In Deutschland hätte der Dynamac inflationsbereinigt vermutlich über 15.000 Euro gekostet – ein enormer Betrag, mehr als so mancher Kleinwagen der Zeit. Ein Journalist scherzte daher: „Wenn Sie Mercedes fahren, in St. Moritz Urlaub machen und nicht nach dem Preis fragen müssen – der Dynamac ist absolut für Sie.“ Diese Bemerkung unterstreicht, dass der Dynamac EL in erster Linie wohlhabende Geschäftsleute und Enthusiasten ansprach. Für viele normale Anwender blieb das Gerät unerschwinglich, zumal man für diesen Preis auch zwei stationäre Macs hätte kaufen können.
Auch im Vergleich zu Konkurrenzmodellen zeigte sich, dass der Dynamac zwar ein Pionier, aber kein perfekter Mobilrechner war. 1987/88 traten mehrere Firmen mit Mac-Portables auf: Neben Dynamac vor allem Colby Systems mit dem WalkMac und später OutBound Systems mit dem Outbound Laptop. Colbys tragbarer Mac war etwas leichter und verfügte optional über Akku und sogar einen integrierten Drucker, hatte aber kein EL-Display. Der Outbound Laptop von 1989 war deutlich kompakter und leichter als der Dynamac, mit modernerem Prozessor und eingebautem Trackball, erforderte aber den Einbau von ROM-Bausteinen aus einem Mac. Apples eigener Macintosh Portable von 1989 übertraf den Dynamac in mancher Hinsicht technisch – er hatte einen schnelleren Prozessor, eingebaute Batterie mit langer Laufzeit und Trackball, war aber immer noch schwer und noch teurer. Kurioserweise fehlte dem ersten Apple Portable eine Hintergrundbeleuchtung, was dem Dynamac EL mit seinem hellen EL-Display einen Vorteil verschaffte.
Pro Dynamac sprachen das beleuchtete Display, die völlige Macintosh-Kompatibilität und der vorhandene Videoausgang. Auch war er bereits vor Apples Einstieg verfügbar, sodass ungeduldige Macintosh-Fans nicht bis 1989 warten mussten. Kontra Dynamac standen das hohe Gewicht, die fehlende eingebaute Maus oder Trackball, der Netzbetrieb und vor allem der exorbitante Preis. So blieb der Dynamac letztlich ein Nischenprodukt für Technik-Visionäre und zahlungskräftige Spezialanwender.
Insgesamt wurden vom Dynamac EL vermutlich sehr wenige Exemplare verkauft – genaue Stückzahlen sind nicht überliefert, Schätzungen gehen von einigen Hundert aus. Entsprechend selten tauchen heute noch Geräte auf, Sammler sprechen von einer Rarität. Dynamac hatte zwar ein technisch innovatives Produkt geschaffen, doch wirtschaftlich lohnte es sich nicht. Bereits Ende 1988 musste die Firma den Vertrieb einstellen. Die Dynamac Corporation – 1970 von Diana und Donald MacArthur gegründet – wandte sich in den Folgejahren anderen Geschäftsbereichen zu und stieg aus dem Computermarkt aus. Der Dynamac EL führte das Unternehmen also nicht in eine neue, erfolgreiche Richtung, sondern blieb ein einmaliges Abenteuer.
Allerdings kann man sagen, dass Dynamac Apple indirekt beeinflusst hat. Die Existenz dieser tragbaren Mac-Klone zeigte Apple, dass ein Markt für mobile Macs da war. Apple tolerierte Dynamac anfänglich, sogar offiziell, da originale Macintosh-Platinen mit Rabatt geliefert wurden. Dieses Entgegenkommen beruhte darauf, dass Dynamac legitime Apple-Hardware verbaute und somit keine Urheberrechte verletzte. Rechtliche Schritte waren daher nicht nötig, anders als bei späteren unautorisierten Klonherstellern.
Fazit: Der Dynamac EL war seiner Zeit voraus – der erste echte Macintosh-Laptop, entwickelt von findigen Ingenieuren mit Apples Segen, aber auf dem Markt letztlich zu teuer und unhandlich, um einen Durchbruch zu schaffen. Er bot Mac-Fans mit dicker Brieftasche einen faszinierenden Vorgeschmack auf mobiles Computing à la Apple, komplett mit Original-Mac-OS und großem Bildschirm unterwegs. Anekdoten wie der eingebaute Star-Trek-Gruß und der Samsonite-Koffer als Transportcase zeugen vom Pioniergeist hinter dem Produkt. Obwohl der Dynamac EL kommerziell scheiterte und heute fast vergessen ist, bleibt sein Platz in der Computergeschichte sicher: Als kühner Vorreiter der PowerBooks und als Beleg dafür, dass selbst außerhalb Cupertino großartige Macintosh-Ideen entstehen konnten.