Sinclair PC200

By Marchin Wichary, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16692181
Der Sinclair PC200, in Spanien als Amstrad PC20 vermarktet, erschien Ende 1988 und markierte einen kuriosen Sonderfall in der Geschichte von Amstrad und Sinclair. Zwei Jahre zuvor hatte Alan Sugar Sinclairs Computersparte übernommen und suchte nach Wegen, die Marke noch einmal zu nutzen. Mit dem PC200 versuchte man, Sinclair-Fans und preisbewusste Heimnutzer anzusprechen, die einen günstigen IBM-PC-kompatiblen Rechner wollten. Heraus kam ein Gerät, das äußerlich wie ein Atari ST oder Commodore Amiga wirkte, aber im Kern ein abgespeckter XT-Klon war. Das schwarz gehaltene Tastaturgehäuse mit Sinclair-Schriftzug erinnerte bewusst an die Heimcomputer-Tradition, doch die Technik blieb weit hinter den Erwartungen zurück. Zeitgenössische Magazine kommentierten entsprechend bissig: „Ist es ein Spectrum? Ist es ein ST? Nein, es ist eine Enttäuschung“, urteilte etwa die britische Crash.
Der PC200 wurde im September 1988 auf der PC Show in London vorgestellt und sollte die neue Linie „Sinclair Professional“ einleiten. Die Idee war reizvoll: einen PC, der sich direkt an den Fernseher anschließen ließ und damit keinen teuren Monitor erforderte. Dafür bekam der Rechner einen HF-Modulator, ein Novum für einen IBM-kompatiblen. Zusätzlich gab es die Möglichkeit, RGB-Monitore anzuschließen. Unter der Haube arbeitete ein Intel 8086 mit 8 MHz, eine CPU, die Ende der siebziger Jahre als 16-Bit-Pionier entwickelt wurde. Sie adressierte bis zu 1 MB Speicher in Segmenten; im PC200 waren 512 KB verbaut, auf 640 KB erweiterbar. Ein Sockel für den optionalen mathematischen Koprozessor 8087 war vorgesehen. Als Massenspeicher diente ein eingebautes 3,5"-Diskettenlaufwerk mit 720 KB, eine Festplatte gab es nicht. Wer mehr wollte, konnte ein zweites Laufwerk extern nachrüsten, etwa ein 5,25"-Laufwerk mit 360 KB.
Das Gehäuse maß etwa 45 × 33,5 × 8,5 cm, wog rund 5,4 kg und integrierte Platine, Netzteil und Tastatur. Hinten befand sich eine Klappe mit zwei 8-Bit-ISA-Steckplätzen. Theoretisch konnte man Erweiterungskarten einsetzen, praktisch ragten sie aber wegen der flachen Bauweise heraus, sodass man das Gehäuse nicht mehr schließen konnte. Ein Tester spottete, man müsse den Rechner „dauerhaft offen lassen“, wollte man die Erweiterbarkeit nutzen. An Schnittstellen bot der PC200 neben RGB und HF-TV-Ausgang eine serielle RS-232-Buchse, eine parallele Centronics-Schnittstelle, einen Joystick-Port und einen Mausanschluss. Amstrad lieferte eine eigene Maus mit, dazu optional Monitore (14-Zoll-Farbe oder 12-Zoll-Grün), einen Joystick im passenden Design und einen Nadeldrucker.
Beim Grafik- und Soundvermögen zeigte sich die größte Schwäche. Der PC200 bot nur IBM-CGA-Standard: 320 × 200 Pixel bei vier Farben oder 640 × 200 mit zwei Farben. Auf dem Fernseher war die Lesbarkeit so schlecht, dass man nur 40 Spalten darstellen konnte, 80 Spalten gingen nur auf einem TTL-Monitor. Verglichen mit dem Amiga, der 32 Farben bei höherer Auflösung oder gar 4096 im HAM-Modus bot, oder dem Atari ST mit 16 Farben bei 320 × 200, wirkte der PC200 wie aus der Zeit gefallen. Ein Kritiker bemerkte süffisant, er biete „weniger Farben als selbst der Spectrum“. Für den Ton sorgte allein der einfache PC-Lautsprecher, der lediglich piepste – keine Musik, keine Effekte. Gegenüber den drei Tonkanälen des Atari ST oder den vier Stereokanälen des Amiga war das ein Rückschritt.
Mitgeliefert wurde MS-DOS 3.3 oder alternativ DR-DOS, dazu die grafische Oberfläche GEM, die mit Mausbedienung Fenster und Icons ermöglichte, als Windows noch kaum verbreitet war. Außerdem packte Amstrad ein kleines Organiser-Programm mit Adressbuch und Kalender hinzu sowie einige Spiele auf Diskette, darunter Bedlam und Trantor. Diese einfachen CGA-Titel konnten mit den farbenfrohen Produktionen der Konkurrenz nicht mithalten. Immerhin war die Softwarekompatibilität groß, da der PC200 im Kern ein PC war – Office-Pakete, Lernprogramme und viele ältere Spiele liefen. Doch das Fehlen einer Festplatte und die schwache Grafik machten ernsthafte Nutzung mühsam.
Der Preis lag bei 299 Pfund ohne Monitor, 399 Pfund im Bundle mit Monochrommonitor und 499 Pfund mit Farbmonitor. 299 Pfund entsprachen damals etwa 650 bis 700 Euro und inflationsbereinigt rund 900 Euro heutiger Kaufkraft. Damit war der PC200 kaum günstiger als ein vollwertiger Atari ST oder ein abgespeckter Amiga.
Die Resonanz war entsprechend verhalten. In Großbritannien bot nur die Kette Comet den Rechner an, während große Händler wie Dixons ihn ignorierten. Schon vor Weihnachten 1988 wurde spekuliert, Amstrad könne das Modell einstellen. Zeitungen berichteten von „fehlender Begeisterung“; die geplante Werbekampagne wurde gestrichen. Alan Sugar selbst gestand später ein, dass der PC200 kein Erfolg war. Der neue UK-Chef Barry Young formulierte es diplomatisch: „Ich würde den PC200 nicht gerade als eines unserer erfolgreichsten Produkte bezeichnen.“ Wenige Monate später war er vom Markt verschwunden, Restbestände wanderten in andere Länder.
In der Fachpresse überwogen die negativen Urteile. Kritiker bezeichneten den PC200 als „Entwicklungsziel ohne Markt“. Er war zu schwach für Spiele, zu eingeschränkt für ernsthafte Büroarbeit, und selbst Amstrads eigener PC1512 war die bessere Wahl. In Deutschland fielen die Tests ähnlich aus, wenngleich er als Rarität wahrgenommen wurde. Verkauft wurden nur wenige zehntausend Geräte, genaue Zahlen nannte Amstrad nie.
Die Entwickler des PC200 stammten aus Amstrads eigenem Designteam, das auch für die CPC- und PCW-Serien verantwortlich war. Alan Sugar selbst hatte die strategische Linie vorgegeben, die Marke Sinclair noch einmal zu nutzen, doch die Ingenieure mussten unter striktem Kostendruck arbeiten. Namen wie Cliff Lawson tauchen im Zusammenhang mit Amstrads PC-Entwicklung häufiger auf, auch wenn konkrete Credits beim PC200 kaum dokumentiert wurden.
Als Fazit bleibt: Der Sinclair PC200 war der letzte Computer, der den Sinclair-Namen trug. Er führte das Unternehmen nicht in eine neue Richtung, sondern entpuppte sich als Sackgasse. Während Amstrad mit der PC2000-Serie und später mit hybriden Konzepten wie dem Mega PC durchaus Innovation wagte, blieb der PC200 ein Mahnmal dafür, dass man mit halbgaren Konzepten zwischen Heimcomputer und PC keine Märkte erobern konnte. Heute ist er eine gesuchte Rarität, die weniger durch ihre Fähigkeiten als durch ihren ungewöhnlichen Platz in der Geschichte fasziniert.