Triumph-Adler Alphatronic PC

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Triumph-Adler Alphatronic PC

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Als Triumph-Adler Anfang der 1980er-Jahre den Sprung von der mechanischen Bürowelt in die digitale Datenverarbeitung wagte, stand das Traditionsunternehmen aus Nürnberg vor einer Herausforderung: Wie bringt man jahrzehntelange Erfahrung mit Schreibmaschinen und Bürotechnik in einen Computer, ohne sich dabei an den verspielten Heimcomputern aus Übersee zu verheben? Die Lösung hieß Alphatronic PC – ein schlicht betitelter 8-Bit-Computer, der in Wahrheit kein Eigengewächs aus Nürnberg war, sondern von einem japanischen Hersteller, vermutlich Kyocera, entwickelt und von Triumph-Adler nach eigenen Spezifikationen gefertigt wurde. Eine typisch deutsch-japanische Zweckallianz – nüchtern, effizient und mit einem leichten Hang zur Bürokratie.

Der Alphatronic PC erschien 1983 auf dem Markt und kostete damals exakt 1.495 D-Mark. Inflationsbereinigt entspricht das heute etwa 1.650 Euro. Für diesen Preis erhielt man ein System mit 64 KB RAM, einem Zilog Z80A-Prozessor mit 4 MHz und einem Gehäuse, das eher an ein Schreibmaschinenunterteil als an einen Heimcomputer erinnerte – solide, grau-beige und mit einer Tastatur, bei der man spürte, dass Triumph-Adler einst Weltmeister im Tastenklackern war. Der Bildschirmanschluss unterstützte einen Textmodus mit 40 Zeichen pro Zeile und 24 Zeilen, eine rudimentäre semigrafische Darstellung mit 8 Farben war optional möglich. Die Grafikfähigkeiten waren begrenzt, aber ausreichend für Formulare, Tabellen und das, was in Behörden eben bunt ist: graue Kästen mit schwarzer Schrift.

An Bord war der bewährte Z80A-Prozessor – ein 8-Bit-Rechenknecht, der 1976 als Weiterentwicklung des Intel 8080 auf den Markt kam. Sein Vorteil lag in der Vielzahl an Registern und der einfacheren Speicheradressierung. Im Alphatronic PC war er direkt mit dem Systembus verbunden und wurde durch einen 6845-CRT-Controller für die Bildschirmdarstellung ergänzt. Klanglich war der Rechner so zurückhaltend wie ein Archivleiter beim Mittagessen – es gab keinen dedizierten Soundchip, sondern nur den obligatorischen Systemlautsprecher, der piepte, wenn man’s übertrieb.

Als Massenspeicher diente anfangs ein handelsüblicher Kassettenrekorder, angeschlossen über DIN-Schnittstellen. Optional war ein externes Diskettenlaufwerk erhältlich, das 5,25"-Disketten mit 160 bis 180 KB im einseitigen Modus oder bis zu 360 KB im zweiseitigen Format lesen konnte. Das von Triumph-Adler angebotene TA 700-Laufwerk wurde in einem separaten Gehäuse untergebracht und verfügte über ein eigenes Netzteil – ganz im Stil der modularen Büroarchitektur der frühen Achtziger.

Als Betriebssystem diente CP/M 2.2, das de facto-Standard-OS für 8-Bit-Bürocomputer. Es war stabil, weitverbreitet und mit einer Vielzahl von Anwendungen kompatibel – von WordStar über SuperCalc bis hin zu dBASE II. Der Alphatronic PC wurde in Ministerien, Schulen und kleinen Betrieben eingesetzt, wo vor allem Textverarbeitung und einfache Datenbankarbeiten gefragt waren. Als Einstiegshilfe lieferte Triumph-Adler auch ein ROM-basiertes Menüsystem aus, mit dem sich BASIC, CP/M oder Dienstprogramme starten ließen, ohne kryptische Befehle eintippen zu müssen.

Der Rechner verfügte über eine parallele Centronics-Schnittstelle für Drucker, einen seriellen RS232-Port für Modems oder Terminals, eine Videoausgabe in Composite oder RGB sowie einen Systembus-Anschluss für zukünftige Erweiterungen. Als optionale Peripheriegeräte wurden unter anderem ein Akustikkoppler, eine serielle Schnittstellenkarte für den Anschluss mehrerer Terminals und ein Nadeldrucker von Mannesmann-Tally angeboten – alles Produkte, die man heute vermutlich in einem Technikmuseum unter der Rubrik „fortschrittlich, aber vergessen“ findet.

Triumph-Adler verfolgte mit dem Alphatronic PC eindeutig keine Heimcomputerstrategie. Spiele gab es kaum – bis auf ein paar CP/M-Demos oder BASIC-Spielereien, die technisch eher an Minensuche in Tabellenkalkulation erinnerten. Dennoch wurde das System von vielen Schulen übernommen – vermutlich auch, weil es „seriös“ wirkte und kein Schüler von einem Piepslautsprecher zu Begeisterungstänzen animiert wurde. Der Computer war ein Arbeitstier: zuverlässig, langweilig, robust. Genau das, was deutsche Bildungspolitik in den 1980er-Jahren wollte.

Zu den technischen Entwicklern, die indirekt hinter dem Alphatronic PC standen, gehörte auf Seiten von Kyocera unter anderem Hiroshi Yamauchi – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Nintendo-Chef – ein Hardwarearchitekt mit Schwerpunkt auf Z80-Systeme, der auch an den ersten Tandy-Laptops beteiligt war. Auf deutscher Seite koordinierte Dieter Hegels das Projekt bei Triumph-Adler. Hegels, ein studierter Elektrotechniker aus Hessen, war zuvor bei Nixdorf tätig und galt als Verfechter robuster Gehäuse und klar strukturierter ROMs. Seine Philosophie: „Ein Computer soll arbeiten, nicht unterhalten.“ Ein Satz, der dem Alphatronic PC wie die Taste auf die Tastatur passte.

Im Vergleich zur Konkurrenz – etwa dem C64, Atari XL oder dem Schneider CPC – war der Alphatronic PC deutlich weniger flexibel. Grafik und Sound waren bestenfalls spartanisch, Spiele und Heimsoftware praktisch nicht vorhanden. Doch der Rechner punktete mit einem professionellen Auftreten, Bürokompatibilität und einer gewissen deutschen Verlässlichkeit. Während der C64 bei Regen streikte, wenn die Kassette klemmt, lief der Alphatronic auch nach zehn Jahren noch wie ein Behördenfaxgerät um 16:59 Uhr – zuverlässig und ohne Widerworte.

Ein geplanter Nachfolger mit erweiterten Grafikfähigkeiten, größerem Arbeitsspeicher und integriertem Farbbildschirm wurde intern unter dem Namen „P3 Office“ diskutiert, aber nie veröffentlicht. Auch eine Portierung auf MS-DOS wurde angedacht, doch als IBM-kompatible Systeme immer günstiger wurden, sah Triumph-Adler keine Chance mehr und beendete die Alphatronic-Reihe 1985 still und leise. Man wandte sich stattdessen der PC-Kompatibilität zu und ließ künftig unter dem Markennamen TA OEM-PCs von Tandon und Panasonic fertigen.

Rückblickend bleibt der Alphatronic PC ein ungewöhnlicher Zeitzeuge: ein Produkt deutscher Bürovisionen, produziert mit japanischer Präzision, vermarktet mit viel Understatement. Kein lautes Gerät, kein Star der Heimcomputerära – aber ein stiller Held der Arbeitswelt, dessen Piepton für viele das erste technische „Hallo Welt“ war. Und wer weiß – vielleicht wäre er mit ein bisschen Sound, ein paar Farben und einem simplen Spiel wie „Zinslotto“ doch zum Überraschungserfolg geworden. Aber das passte nicht zu seinem Charakter. Der Alphatronic PC war lieber leise – aber korrekt.

 

Veröffentlicht in Systeme.

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