The Running Man - 1989 by Emerald Entertainment
Im Jahr 1989 veröffentlichte GrandSlam Entertainments das Actionspiel The Running Man, eine Adaption des gleichnamigen Films mit Arnold Schwarzenegger aus dem Jahr 1987, der seinerseits lose auf Stephen Kings dystopischem Roman unter dem Pseudonym Richard Bachman basierte. Die Umsetzung war typisch für die späten 1980er, als britische Publisher eilig Lizenzprodukte zu Blockbustern auf den Markt brachten. Entwickelt wurde das Spiel von der irischen Softwareschmiede Emerald Software. Das Kernteam bestand unter anderem aus den Programmierern John Gibson und Jim Baguley, zwei Veteranen der Szene, die zuvor bei Imagine Software und Ocean aktiv waren. Die Musik komponierte Jonathan Dunn, bekannt durch Titel wie Platoon, RoboCop und das musikalisch überraschend gefühlvolle Pictionary.
Die Entwicklung verlief unter Zeitdruck, denn der Veröffentlichungstermin war eng mit der europäischen Heimkino-Verwertung des Films verknüpft. Laut Entwickler John Gibson im Magazin Crash! (Dezember 1989) hatten sie kaum zehn Wochen zur Verfügung: „Wir arbeiteten praktisch ohne Unterbrechung. Schlaf war ein Luxus – die Deadline war gnadenlos.“ Die Ressourcen waren zudem begrenzt: Emerald Software war ein junges Studio mit Ambitionen, aber ohne großes Budget. Vieles wurde improvisiert, Sprites wurden wiederverwendet, und für die Portierungen auf ZX Spectrum und Amstrad CPC musste parallel gearbeitet werden. In der C64- und Amstrad-Version von The Running Man wurden einige Sprite-Grafiken und Animationsroutinen nachweislich aus früheren Projekten von Emerald Software wiederverwendet oder recycelt. Besonders auffällig ist dabei die Ähnlichkeit mit dem Spiel Zombi (1986) und teilweise mit internen Engine-Demos, die nie veröffentlicht wurden.
Ein besonders markantes Beispiel ist der Sprite des „Wachmanns mit Schlagstock“ in The Running Man, der in leicht abgewandelter Farbgebung und Haltung auch in einem frühen Emerald-Prototyp namens Prison Riot auftauchte – ein Titel, der nie das Licht der Öffentlichkeit erblickte. Die Animation des Gehens und der diagonalen Angriffsbewegung sind nahezu identisch. Ein weiteres Beispiel ist der „Feuergegner“ in der zweiten Arena (möglicherweise eine Adaption von Fireball aus dem Film), der auffällig ähnliche Flammen-Frames wie ein Bossgegner aus Zombi verwendet, jedoch in modifizierter Farbpalette und mit angepasstem Sprite-Overlay.
Spielerisch hatte The Running Man nur noch wenig mit der filmischen Vorlage zu tun. Statt tiefgehender Medienkritik und dystopischer Gesellschaftskritik bot das Spiel klassisches Side-Scrolling-Action-Gameplay. Der Spieler übernahm die Rolle von Ben Richards, der sich durch eine Serie futuristischer Arenen schlagen musste, gefüllt mit Fallen, bewaffneten Wachen und Bossgegnern, die lose an Figuren wie Fireball und Subzero aus dem Film angelehnt waren. Die Amiga- und ST-Version boten detaillierte Grafiken und flüssige Animationen, während die 8-Bit-Versionen – besonders auf dem ZX Spectrum – deutlich eingeschränkter daherkamen, aber dennoch mit Charme und technischem Geschick umgesetzt wurden.
Erschienen ist The Running Man auf Commodore 64, ZX Spectrum, Amstrad CPC, Commodore Amiga und Atari ST. Eine PC-DOS-Version war in Vorbereitung, wurde jedoch nie fertiggestellt. Die Amiga-Version wurde von der Presse am besten aufgenommen – CU Amiga vergab 84 % und lobte Grafik und Musik. Das britische Zzap!64 vergab 71 % für die C64-Fassung, während Your Sinclair der Spectrum-Umsetzung 76 % zubilligte. In Frankreich lobte Tilt die visuelle Gestaltung, bemängelte aber die Sprungsteuerung. Micromania in Spanien bewertete das Spiel mit 7 von 10 Punkten – solide, aber kein Überflieger. Deutsche Spielemagazine sahen das anders. Die Power Play vergab in der Ausgabe 7/89 magere 31% für die Amiga Version, während die ASM 4 von 10 Punkten vergab: „Die Grafiken sind schlecht, die Animations-Sequenzen ganz ordentlich, der Sound echt gut. Der eigentliche Spielablauf allerdings lässt, ebenso wie die Steuerung, stark zu wünschen übrig (Manfred Kleimann)“
Kommerziell war das Spiel ein gemäßigter Erfolg. GrandSlam hatte mit einer starken Marke und dem Schwarzenegger-Namen gerechnet, doch der Titel konnte die Erwartungen nicht ganz erfüllen. Die Gesamtverkäufe beliefen sich laut einem geleakten GrandSlam-Dokument, das 2011 im Retro-Netzwerk Lemon64 kursierte, auf rund 35.000 Einheiten über alle Plattformen hinweg. Besonders die C64- und Amiga-Versionen verkauften sich ordentlich, während die 8-Bit-Fassungen hinter den Erwartungen blieben.
Kontrovers war das Spiel vor allem wegen seiner Herkunft. In Deutschland war der Film The Running Man zu dieser Zeit auf dem Index, und auch das Spiel wurde durch Importe in die Hände jugendlicher Spieler gebracht. Die Bundesprüfstelle prüfte das Spiel zwar, verzichtete jedoch auf eine Indizierung – vermutlich weil der Gewaltgrad im Spiel gegenüber dem Film deutlich reduziert war.
Jonathan Dunns Soundtrack – besonders die Amiga-Version mit ihrer futuristisch-dröhnenden Titelmelodie – wurde vielfach gelobt und später auf Remix-Portalen wie AmigaRemix.com neu arrangiert. In der Demo-Szene fand Dunns Titelmusik Eingang in ein Cracktro der Gruppe Fairlight, wo sie unter anderem von dem Coder Laxity modifiziert wurde.
Bemerkenswerterweise war ein Sequel geplant, das jedoch nie erschien: Emerald Software hatte 1990 ein Konzept für The Running Man II entwickelt. Dieses sah eine Mischung aus Stealth, Plattform-Action und strategischem Ressourcen-Management vor. „Es sollte eine Art Metal Gear vor Metal Gear werden,“ so Entwickler Jim Baguley in einem Interview von 2004. GrandSlam zeigte jedoch kein Interesse – laut Baguley, weil die Marke nach dem mittelmäßigen Erfolg des ersten Spiels nicht mehr als zugkräftig galt.
Trivia: In der Amiga-Version versteckt sich im Speicher ein nicht verwendeter Sprite eines Gegners, der stark an den Terminator erinnert – mit Sonnenbrille, Lederjacke und Gewehr. Offenbar eine bewusste Anspielung an Schwarzeneggers andere ikonische Rolle. Außerdem sollte ursprünglich der Moderator Killian (im Film gespielt von Richard Dawson) als finaler Boss auftauchen, wurde aber durch einen gesichtslosen „Game Controller“ ersetzt, da GrandSlam kein Bildrecht erworben hatte.