Oric Telstar

Oric Telestrat – Der letzte Franzose der 8-Bit-Ära

Par DefenceForce, CC BY-SA 4.0

Während Amiga und Atari ST schon um die Gunst der Zukunft buhlten, meldete sich 1986 mit dem Oric Telestrat ein Spätstarter der 8-Bit-Ära zu Wort – eigenwillig, kommunikativ und erstaunlich visionär. In einer Zeit, in der die Computerwelt von glänzenden 16-Bit-Maschinen beherrscht wurde, wagte sich der einst britische Hersteller Oric mit französischer Unterstützung an ein Konzept, das Heimcomputer und Telematik miteinander verbinden sollte.

Die Geschichte dieses ungewöhnlichen Rechners beginnt einige Jahre zuvor bei der britischen Firma Tangerine Computer Systems, die 1982 mit dem Oric 1 den Sprung in den jungen Heimcomputermarkt wagte. Der Nachfolger Oric Atmos von 1984 brachte ein überarbeitetes ROM und eine verbesserte Tastatur, konnte sich jedoch gegen den mächtigen Commodore 64 und den Sinclair Spectrum nicht durchsetzen. Nach dem finanziellen Kollaps von Oric Products International übernahm die französische Firma Eureka Informatique die Rechte und beschloss, den Geist des Atmos in eine neue, zeitgemäße Maschine zu überführen – den Oric Telestrat, eine Mischung aus klassischem 8-Bit-Heimcomputer und Kommunikationszentrale.

Im Inneren arbeitete der bewährte MOS 6502A-Prozessor mit 1 MHz Taktfrequenz, flankiert von 64 KB RAM, womit der Telestrat die Speichergrenzen seines Vorgängers sprengte. Standardmäßig besaß er einen Diskettencontroller für das hauseigene 3-Zoll-Laufwerk sowie zwei RS-232-Schnittstellen, über die sich Modems, Drucker und das französische Minitel-Netz anschließen ließen. Gerade Letzteres war der Clou des Geräts – Frankreich war Mitte der Achtziger das Land der Telematik, und der Telestrat war einer der ersten Heimcomputer, der wirklich „online“ gehen konnte, Jahre bevor der Begriff „Internet“ im Mainstream ankam.

Für die Benutzeroberfläche sorgte das Hyper-BASIC, eine erweiterte Fassung des bekannten Oric-BASIC, die auf die neuen Kommunikations- und Diskettenfunktionen abgestimmt war. Die Grafik blieb unverändert bei den Atmos-Modi – Textdarstellung mit 40 Zeichen pro Zeile und blockige, aber charmante Farbmodi mit acht Farben. Klanglich vertraute man ebenfalls auf Bewährtes: Der AY-3-8912-Soundchip lieferte den typischen, dreistimmigen 8-Bit-Klang, den man von Maschinen jener Zeit kannte.

Doch der Telestrat war mehr als ein Oric Atmos mit Floppy. Seine Architektur erlaubte es, per Cartridge zwischen verschiedenen ROM-Bänken zu wechseln – etwa um in den Atmos-Kompatibilitätsmodus zu gelangen, was die Nutzung der älteren Softwarebibliothek ermöglichte. Für viele Oric-Besitzer war das ein wichtiges Argument: Man bekam eine neue Maschine, ohne die alten Programme aufzugeben.

Allerdings hatte Innovation ihren Preis. Der Oric Telestrat kostete bei Markteinführung rund 3 990 französische Francs, inflationsbereinigt etwa 1 250 Euro – und lag damit preislich zwischen einem Commodore 64 samt Diskettenlaufwerk und einem Atari ST 520. Ein schwieriger Mittelweg, wie sich zeigen sollte. Zeitgenössische Magazine wie SVM Micro lobten die Kommunikationsfähigkeiten, monierten aber den hohen Preis und die geringe Softwareauswahl. Rückblickend brachte es ein französischer Sammler treffend auf den Punkt: „Le Telestrat était une machine formidable, mais sans un public pour l’écouter.“ – „Der Telestrat war eine großartige Maschine, nur hatte er kein Publikum, das ihm zuhörte.“

Tatsächlich blieb der Absatz gering. Schätzungen zufolge wurden nur etwa 6 000 Exemplare produziert, fast ausschließlich für den französischen Markt. In Großbritannien oder Deutschland tauchte das Gerät kaum auf, und selbst eingefleischte Oric-Anhänger erfuhren oft erst Jahre später von seiner Existenz. Damit teilte der Telestrat das Schicksal vieler ambitionierter, aber nischiger 8-Bit-Rechner der Spätzeit: technisch solide, konzeptionell spannend, doch vom Markt überholt.

Dabei war die Idee hinter dem Telestrat bemerkenswert. Während Commodore und Atari sich zunehmend auf Spiele konzentrierten, zielte Oric auf Produktivität, Kommunikation und Vernetzung. Der Rechner war konzipiert für Datenübertragung, Textkommunikation und Datei-Austausch – alles Dinge, die erst ein Jahrzehnt später im PC-Alltag selbstverständlich werden sollten. Das Quantum-Bits-Archiv schrieb rückblickend: „Telecommunications-oriented machine … a bridge between hobby computing and business systems.“ Eine treffende Charakterisierung, denn genau da wollte der Telestrat stehen – als Bindeglied zwischen Freizeit und professionellem Einsatz.

Heute ist der Oric Telestrat ein begehrtes Sammlerstück, besonders unter französischen Retro-Fans, die seine Hybrid-Natur zu schätzen wissen. Das kantige graue Gehäuse, die farbenfrohe Tastatur und das vertraute Piepen beim Einschalten versetzen einen unmittelbar zurück in eine Ära, in der Computer noch neugierig machten, statt selbstverständlich zu sein. Die wenigen erhaltenen Geräte gelten als technische Kuriositäten – und als Zeugnisse einer Zeit, in der der Traum vom vernetzten Heim bereits Form annahm, lange bevor ISDN oder Internet diesen Traum wahr machten.

Er war kein Bestseller, aber ein mutiges Experiment. Der Oric Telestrat bewies, dass selbst am Ende der 8-Bit-Ära noch Platz für Ideen war – und dass man mit einem Modem, ein wenig französischem Charme und viel Enthusiasmus durchaus Geschichte schreiben konnte.

Coleco Telstar Gemini – Der letzte große Pong

Coleco Telstar Gemini – Der letzte große Pong

Telstar GeminiIm Sommer 1978 stand in vielen amerikanischen Wohnzimmern noch das Echo des Pong-Booms in der Luft. Doch während Atari und Fairchild längst programmierbare Module auf den Markt brachten, hielt Coleco an seiner erfolgreichen Telstar-Linie fest. Der Telstar Gemini war dabei so etwas wie das finale Kapitel einer Ära – ein letzter Versuch, aus der betagten Pong-Technik ein Stück Designkultur zu formen.

Coleco hatte seit 1976 eine wahre Pong-Flut produziert: Telstar Alpha, Ranger, Combat, Colortron – jedes Modell mit leicht anderer Variante des beliebten Ball-und-Schläger-Spiels. Der Gemini unterschied sich jedoch in einem entscheidenden Detail: Er besaß abnehmbare Controller, die wie futuristische Fernbedienungen wirkten und das Kabelchaos früherer Modelle beseitigten. Für ein Gerät, das 1978 noch in Wohnzimmern mit Holzpaneelen stand, war das bemerkenswert fortschrittlich. Popular Electronics lobte damals: „Der Telstar Gemini ist vielleicht Colecos ausgefeilteste Umsetzung der Pong-Formel – abnehmbare Steuerungen und ein elegantes Design zeigen Gespür für die Ästhetik moderner Wohnzimmer.“

Im Inneren arbeitete kein Prozessor im heutigen Sinn, sondern der bewährte General Instrument AY-3-8500-1, jener legendäre Pong-Chip, der unzählige Konsolen dieser Zeit antrieb. Er erzeugte sechs Spielvarianten – Tennis, Squash, Handball, Hockey, Practice und Jai-Alai – allesamt Variationen eines einzigen Prinzips. Keine ROM-Module, keine Speichererweiterung, kein Mikroprozessor – nur reine Schaltungskunst. Der Bildschirm blieb monochrom, die Ballgeschwindigkeit analog geregelt. Doch gerade diese Einfachheit machte den Reiz aus.

Das Gehäuse des Gemini wirkte modern, fast luxuriös. Schwarzer Kunststoff, eine silberne Frontplatte und die typische Coleco-Holzoptik am Rand – eine Mischung aus Raumfahrt und Wohnzimmermöbel. An der Rückseite fand sich der Anschluss für eine optionale Lightgun, die auf dasselbe Prinzip wie beim Telstar Marksman setzte: ein lichtempfindlicher Sensor im Lauf, der den Punkt des CRT-Bildschirms erfasste. Damit zielte Coleco buchstäblich auf ein Publikum, das schon das Ende der Pong-Ära herannahen sah.

Zum Verkaufsstart kostete der Gemini rund 80 US-Dollar, was heute etwa 340 Euro entspräche – kein Schnäppchen für eine Konsole ohne austauschbare Spiele. Dennoch verkaufte Coleco rund 200 000 Einheiten, bevor der Markt 1979 vollständig zusammenbrach. Video Review Magazine schrieb damals treffend: „Coleco presst die letzten Tropfen Spaß aus der Pong-Hardware – der Gemini sieht großartig aus, kommt aber zu spät.“

Im Rückblick wirkt der Gemini wie das liebevoll geschnitzte Totem eines aussterbenden Stammes. Electronic Fun with Computers & Games bezeichnete ihn später poetisch: „Es war die Dämmerung des analogen Spielens, und der Gemini stand wie ein stolzer Dinosaurier vor dem Aussterben.“ Und tatsächlich: Kurz nach dem Produktionsende konzentrierte sich Coleco auf programmierbare Systeme und Spielzeug – ein Kurs, der schließlich 1982 im ColecoVision gipfelte.

Heute ist der Telstar Gemini ein seltenes Sammlerstück. Er steht symbolisch für die Zeit, als Elektronik noch aus wenigen Transistoren und viel Optimismus bestand. Seine abnehmbaren Controller waren ein Blick in die Zukunft, sein monochromes Pong-Bild ein Blick in die Vergangenheit. Und so gleitet der Gemini in die Geschichte ein – als der Moment, in dem Coleco zum letzten Mal den Ball schlug, bevor die digitale Revolution endgültig begann.