NEC PC-8801

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NEC PC-8801

pc8801

By phreakindee - https://www.flickr.com/photos/phreakindee/28416963104/

Als NEC im Dezember 1981 den PC-8801 vorstellte, war das Unternehmen längst kein Neuling mehr auf dem Heimcomputermarkt. Mit dem PC-8001 hatte man bereits 1979 einen Überraschungserfolg gelandet und sich in Japan zur führenden Marke entwickelt. Der neue PC-8801 jedoch zielte eine Stufe höher: Er sollte nicht mehr bloß Bastlern und Hobbyisten dienen, sondern als vollwertiger Alleskönner sowohl im Wohnzimmer als auch im Büro überzeugen. Der Preis von 228.000 Yen, inflationsbereinigt rund 1.900 Euro, war nichts für die Hosentasche, aber NEC versprach eine Maschine, die Arbeit und Freizeit in einem Gehäuse vereinte.

Im Herzen des Rechners schlug ein NEC µPD780C-1, ein Zilog-Z80A-kompatibler 8-Bit-Prozessor mit 4 MHz Takt. Wer bis dahin mit einem PC-6001 oder Sharp MZ hantiert hatte, staunte nicht schlecht, wie flott der PC-8801 Programme abarbeitete. 64 KB RAM und satte 48 KB Video-RAM standen zur Verfügung. Die Grafikausgabe konnte sich sehen lassen: 640 × 200 Pixel in acht Farben oder 640 × 400 in zwei Farben, dazu Textmodi für Tabellenkalkulation und Programmierspaß. Gegenüber der Konkurrenz war das ein deutlicher Vorsprung – man konnte nun Buchstaben in gestochen scharfer Qualität auf den Bildschirm bringen, ohne dass sie aussahen, als seien sie von einer klapprigen Schreibmaschine abgetippt.

Beim Ton blieb NEC allerdings knausrig. Statt eines richtigen Soundchips gab es im Urmodell nur einen simplen Pieper, der bestenfalls kurze Töne von sich gab. Während der Fujitsu FM-7 und der Sharp X1 schon mit PSG- oder FM-Sound prahlten, musste sich der PC-8801 mit einem „Piep, Piep“ begnügen. Später sollten Nachfolger mit Yamaha-Chips auftrumpfen und damit ein ganzes Genre an Videospielmusik inspirieren, doch 1981 klang der PC-8801 so bescheiden wie ein Wecker.

Als Betriebssystem diente N88-BASIC, fest im ROM verankert. Man schaltete die Maschine ein und konnte sofort loslegen. Wer geschäftliche Ambitionen hatte, konnte den Rechner auch mit CP/M nutzen und so auf die wachsende Softwarebibliothek im Bürobereich zugreifen. Massenspeicher war anfangs vor allem die gute alte Kassette, aber NEC bot schnell externe 5,25-Zoll-Diskettenlaufwerke an, die sich über Erweiterungscontroller anschließen ließen. Überhaupt war die Anschlussvielfalt ein Trumpf: Centronics-Port für Drucker, RS-232C für Modems und Terminals, Monitoranschluss und Steckplätze für Erweiterungen. So konnte man den PC-8801 zum Plotter-Künstler, Spielesystem oder ernsthaften Businessrechner ausbauen.

Die Entwickler Tomio Goto und Akira Kato, die schon am PC-8001 mitgewirkt hatten, galten als die Architekten dieser neuen Maschine. Goto, ein Ingenieur mit Leidenschaft für saubere Architektur, wollte die Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft schlagen: volle Kompatibilität zum PC-8001, aber auch genug Power für die kommenden Jahre. Kato war pragmatischer und erinnerte sich später: „Wir wollten eine Maschine, die in Japan mehr war als ein Spielzeug, eine Brücke zwischen Arbeit und Unterhaltung.“ Zusammen prägten sie nicht nur den PC-8801, sondern ebneten auch den Weg für spätere NEC-Erfolge wie die PC-98-Serie und sogar die PC Engine.

Der Erfolg gab ihnen recht. Bereits bis Ende 1983 waren 170.000 Geräte verkauft, bis 1989 summierte sich die PC-8800-Serie auf fast 940.000 Einheiten – bemerkenswert, weil sie damit sogar besser lief als NECs eigene 16-Bit-Linie PC-9800 im selben Zeitraum. Zeitgenössische Magazine schrieben ehrfürchtig, NEC sei in Japan inzwischen so etwas wie „das IBM für den Heimgebrauch“.

Natürlich hatte das Gerät seine Schwächen. Der hohe Preis schreckte viele Käufer ab, und Spieler murrten über den mageren Sound. Doch die brillante Grafik, die Abwärtskompatibilität zum PC-8001 und die flexible Erweiterbarkeit machten den PC-8801 zur Lieblingsmaschine von Studenten, Entwicklern und frühen Spielefirmen. Yuzo Koshiro, später berühmt für seine Musik zu Streets of Rage, machte seine ersten Schritte auf einem PC-8801 – und komponierte dort mit denselben piepsigen Tönen, die viele Nutzer damals verfluchten.

Langfristig führte der PC-8801 NEC in eine neue Richtung. Ab 1983 trennte man bei NEC die Produktlinien: Die Home-Electronics-Sparte kümmerte sich um die 8-Bit-Geräte wie PC-6000 und PC-8800, während die Business-Sparte mit der PC-98-Serie die 16-Bit-Zukunft vorbereitete. Der PC-8801 war dabei das Bindeglied – ein Heimcomputer, der sich nicht scheute, auch in Büros zu stehen, und ein Bürocomputer, der eine ganze Generation von Videospielentwicklern prägte.

Seine Nachfolger – vom PC-8801mkII bis zu den SR-, FH- und MH-Modellen – brachten mehr Speicher, bessere Grafik und vor allem Soundchips, die das Gerät endgültig zur Spieleplattform machten. Doch das Original von 1981 bleibt der Beginn einer Legende: ein kantiger, teurer, aber zukunftsweisender Computer, der mit einem simplen „Piep“ Japans Heimcomputerära prägte.

Und vielleicht war es genau dieser nervige Piepton, der so manchen Studenten damals dazu brachte, selbst Musik oder Spiele zu programmieren. Manchmal beginnen Revolutionen eben nicht mit einem Orchester, sondern mit einem einzelnen, unvergesslichen Ton.

Veröffentlicht in Systeme.

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