Rad Warrior / The Sacred Armour of Antiriad – 1986 by Palace

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Rad Warrior / The Sacred Armour of Antiriad - 1986 by Palace

antiradPalace Software hatte 1986 ein Händchen dafür, aus der britischen 8‑Bit‑Szene kleine Gesamtkunstwerke zu schmieden, und The Sacred Armour of Antiriad – in Nordamerika als Rad Warrior erschienen – gehört zu denjenigen, die mit altbewährten Mitteln Großes wollten: ein Arcade‑Abenteuer im Flip‑Screen‑Stil, getragen von präzisem Pixel‑Handwerk, einem eigenständigen Comic‑Universum und dem klassischen Prinzip „erst sammeln, dann siegen“. Dass die Verpackung ein 16‑seitiges Heft enthielt, das Dan Malone in Tusche zeichnete, passte zur Zeit, als man Spiele noch wie Schallplatten kaufte und die Beilage ebenso wichtig war wie der Inhalt. „It is an original idea, and the comic is very professionally produced“ (Es ist eine originelle Idee, und der Comic ist sehr professionell produziert), notierte ZX Computing bereits in der Vorschau – eine hübsche Untertreibung, denn der kleine Band setzte Ton und Welt besser als so mancher Bildschirmtext jener Jahre.

Die Geschichte spielt nach einem atomaren Kollaps, in dem die Menschheit auf ein bäuerlich‑asketisches Leben zurückgeworfen wurde, nur um von fremden Mächten erneut versklavt zu werden. Der junge Tal soll die sagenhafte Rüstung des Antiriad finden – das Wort selbst entstand übrigens aus einer Skizze Malones, auf der „ANTI‑RAD“ stand; ein Riss zwischen R und A ließ „ANTI‑RIAD“ lesen, der Klang blieb hängen. Der Auftrag ist so altmodisch klar wie motivierend: die Module der Rüstung (Antigrav‑Stiefel, Partikel‑Negator, Pulsarstrahl, Implosionsmine) zusammensuchen, das Vulkannest der Besatzer erreichen und in guter Abenteuertradition das Übel an der Wurzel packen. Dass Antiriad parallel zu Nintendos Metroid entstand und ohne dessen Einfluss auskam, macht es heute zu einem frühen Vertreter dessen, was man später „Metroidvania“ nennen sollte – ein Etikett, das das Spiel erst im Rückblick erhielt.

Gespielt wird zweistufig: Tal ist zu Fuß ein verletzlicher Steinwerfer, im Anzug dagegen ein gepanzerter Koloss mit eigener Energieleiste. Geht der Rüstung die Kraft aus, muss Tal aussteigen, um nachzuladen – ein wunderbar altmodischer Kunstgriff, der Spannung und Rhythmus erzwingt. Teleporter, Scanner und die berühmte „Rein‑ und Raus‑Blende“ beim Einsteigen sind nicht nur Effekte, sondern Taktgeber des Spielflusses. CRASH lobte 1986: „Antiriad is an absolutely lovely game. The graphics are superbly done … fast and smooth … a pleasure to play“ (Antiriad ist ein absolut entzückendes Spiel. Die Grafiken sind hervorragend gemacht … schnell und flüssig … ein Vergnügen zu spielen) – und maulte zugleich über den für britische Verhältnisse stolzen Preis von £9,95, was inflationsbereinigt etwa £30,45 im Jahr 2024 entspricht, also rund 35,60 Euro. Eine ehrliche Rezension aus einer Zeit, in der man den Gegenwert eines Taschengeldmonats wog.

Hinter dem Projekt stand ein kleines, typisch britisches Team mit klaren Rollen. Die Amstrad‑CPC‑Urversion programmierte Andrew Fitter, Dan Malone verantwortete Welt, Figuren und das begleitende Comic, Richard Joseph entwarf Klang und Effekte; die C64‑Version programmierte Stan(ley) Schembri; für den ZX Spectrum wird Chris Stangroom genannt. Die Credits variierten je Plattform – ein frühes Beispiel für fragmentierte Quellen.

Malones eigener Werdegang erklärt, warum Antiriad so „aus einem Guss“ wirkt. „I wanted to draw comic strips … 2000AD, Marvel – that was it“ (Ich wollte Comicstrips zeichnen … 2000AD, Marvel – das war’s), erzählte er CRASH. Bei Palace suchte man sogar ausdrücklich einen „2000‑AD‑Style‑Artist“. Für Antiriad schrieb Schembri Malone ein neues Spritetool („the whole figure on screen and directly animatable“ – die ganze Figur auf dem Schirm und direkt animierbar), und aus gemeinsamen Sitzungen wuchs die Spielwelt – inklusive Trial‑and‑Error‑Levelbau, bei dem Malone Gegnerpositionen solange verschob, bis der Raum „stimmte“. Ursprünglich sollte der Anzug aus mehreren, separat animierten Rüstungsteilen bestehen; Speicherdruck zwang zur Reduktion – ein klassischer 8‑Bit‑Kompromiss. „I think Stan started the C64 version in July“ (Ich glaube, Stan begann die C64‑Version im Juli), erinnert sich Malone; gegen Jahresende war man „on the home straight“ (auf der Zielgeraden).

Die Presse reagierte begeistert. Sinclair User vergab die Höchstnote und feierte „an almost faultless“ (ein nahezu fehlerloses) Spiel, „with great sense of exploration and brilliant graphics“ (mit großem Entdeckergeist und brillanter Grafik), während Your Computer es 1986 in seiner Jahreswahl zum besten Arcade‑Adventure kürte. Zzap!64 attestierte der C64‑Fassung 93 %, auch die Budget‑Neubewertung blieb mit 91 % kaum darunter. Dass der Titel in Großbritannien mehrfach preisgekrönt und in Sammel‑ und Budgetreihen erneut aufgelegt wurde, spricht für einen klaren Markterfolg – auch wenn offizielle Stückzahlen fehlen. Sinclair User schrieb: „It’s very nearly faultless“ (Es ist fast fehlerlos).

Natürlich gab es Reibungspunkte – manche Spieler haderten mit der sprichwörtlich „schwebenden“ Sprungphysik und mit Respawns an ungünstigen Bildschirmkanten, besonders in frühen 8‑Bit‑Versionen. Moderne Rückblicke nennen Antiriad deshalb „important but not flawless“ (wichtig, aber nicht fehlerfrei), und loben es als Titel, der seiner Zeit voraus war.

Interessant bleibt, was auf dem Weg liegen blieb. Die Idee eines aus mehreren, sichtbar montierten Rüstungsteilen bestehenden Anzugs scheiterte am Speicherplatz. Auch Hintergründe wie zu Cyborgs umgebaute Kollaborateure oder Jäger‑Droiden sind eher Atmosphärenreste, die der Comic ausführlicher präsentierte – typisch für eine Ära, in der man groß auf Papier entwarf, aber am Rechner reduzierte.

Zu den Stimmen der Zeit passt, wie liebevoll die Magazine einzelne Elemente hervorhoben. CRASH schwärmte von „minutely detailed … fantastically animated“ (minutiös detailliert … fantastisch animiert) Figuren und einem hervorragend gezeichneten Bedienpanel; Sinclair User verlieh einen „Classic“-Orden – „a must for all mapping freaks“ (ein Muss für alle Kartenzeichner‑Freaks).

Andrew Fitter, CPC‑Programmierer der Urfassung, blieb der Branche treu und arbeitete später u. a. an Blast Radius (PS1); Stan Schembri prägte bei Palace die Action‑DNA (Cauldron II, Barbarian) und wechselte zu System 3 (Vendetta, Last Ninja 3); Dan Malone wurde später prägender Grafiker bei den Bitmap Brothers (Speedball 2, The Chaos Engine); Richard Joseph avancierte vom C64‑Pionier zum gefragten Amiga‑Komponisten (Cannon Fodder, Sensible Soccer, Speedball‑Reihe).

Die Konvertierungen erzählen die typische 80er‑Geschichte: Ab 1986 schnelle 8‑Bit‑Portierungen (ZX Spectrum, C64, CPC), 1987 PC‑ und Apple‑Versionen, wenig später eine CoCo‑Fassung. In Nordamerika kümmerte sich Epyx um die Veröffentlichung (unter dem Titel Rad Warrior). Die Bewertungen schwankten – SpectrumComputing nennt einen Durchschnitt von ca. 87 %, Lemon64 gibt gut 89 % an – eine Erinnerung daran, wie unterschiedlich gleiche Inhalte auf verschiedenen Plattformen wirken.

 

Veröffentlicht in Games.

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