Yashica YC 64

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Yashica YC 64

Der Yashica YC 64 wurde 1984 von Kyocera unter der Marke Yashica als MSX 1 Heimcomputer auf den europäischen Markt gebracht und erschien Ende 1985 offiziell auch in Frankreich . Sein Gehäuse in ungewöhnlichem Rotbraun stach sofort ins Auge – eine bewusst jugendfreundliche Designentscheidung, die ihn von anderen MSX Geräten abhob. Der Preis lag bei etwa 950 DM (rund 798 DM laut MSX Wiki für Deutschland). Umgerechnet und inflationsbereinigt entspräche das heute etwa 400–450 €, was ihn als gehobene Mittelklasse positionierte. Der MSX-Standard versprach einheitliche Kompatibilität, einen großen Softwarepool und internationale Anschlussfähigkeit – ein attraktives Feld für Firmen, die bislang mit Computern wenig zu tun hatten. In Deutschland stellte das Magazin Happy Computer fest : „Wer ›nur‹ ein MSX Gerät ohne Schnörkel und mit viel Speicher sucht, ist mit dem YC 64 ausreichend bedient“

Yashica, in Japan renommiert für Präzisionsoptik und mechanische Kameras, wählte den YC-64 als Einstieg in die neue Heimcomputerwelt. Technisch basierte der Rechner auf der MSX-1-Spezifikation, was ihm auf dem Papier dieselben Fähigkeiten wie Modelle von Sony, Yamaha, Sanyo oder Canon verlieh. Doch trotz des Standards hatte jeder Hersteller Gestaltungsspielraum – und Yashica nutzte diesen in Form eines robusten, fast nüchternen Gehäuses und eines sauberen Board-Designs, das auf langfristige Zuverlässigkeit hin optimiert war.

Im Inneren arbeitete ein Zilog Z80A-kompatibler Prozessor, meist ein NEC D780C-1, mit einer Taktfrequenz von 3,579 MHz. Diese CPU, ein echter Veteran der 8-Bit-Ära, war für die Ausführung des Betriebssystems – MSX BASIC v1.0, lizenziert von Microsoft – und aller Software verantwortlich. Für die grafische Ausgabe kam der Texas Instruments TMS9929ANL zum Einsatz, ein PAL-kompatibler Video Display Processor (VDP), der aus der TMS9918-Reihe stammte. Der Chip konnte 256×192 Pixel mit 16 vordefinierten sichtbaren Farben darstellen– eine für 1984 respektable Leistung, wenngleich sie im Vergleich zu den bitplangetriebenen Systemen wie dem Atari 800 oder dem Amstrad CPC bald altbacken wirkte. Der Sound wurde durch den AY-3-8910 von General Instruments erzeugt – einen Drei-Kanal-Soundchip, der auch in Arcade-Automaten und Heimcomputern wie dem Amstrad CPC oder dem ZX Spectrum 128 seinen Dienst tat. Damit konnte der YC-64 Musik mit drei unabhängigen Stimmen sowie ein Rauschsignal erzeugen, was für viele Spiele der Zeit völlig ausreichte.

Der Computer verfügte über 64 KB RAM – wie es der Name suggeriert – sowie 16 KB VRAM für die Grafikdarstellung. Er besaß zwei MSX-Cartridge-Slots, einen RGB-Video-Ausgang, einen HF-Modulator, einen Anschluss für ein Kassettenlaufwerk zur Datenspeicherung, ein Centronics-kompatibles Druckerinterface, sowie zwei standardisierte MSX-Joystick-Ports. Optional geplant, aber kaum dokumentiert, waren ein 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk, ein Datenrecorder und ein Yashica-eigenes ROM-Modul mit Bildbearbeitungsfunktionen, das jedoch nie den Prototypstatus verließ. Der Bildschirmmodus erlaubte neben Textdarstellung auch Sprites und Hintergrundlayer – allerdings waren alle Grafikebenen durch den VDP hardwareseitig begrenzt, was sich etwa bei der Zahl von maximal 4 Sprites pro Scanline bemerkbar machte.

Das Betriebssystem des YC-64 war, wie bei allen MSX-1-Rechnern, ein modifiziertes Microsoft BASIC mit grafischen Erweiterungen. Es war in ROM untergebracht und bot neben üblichen BASIC-Befehlen auch Sprachbefehle zur Spritedarstellung, zur Kollisionsabfrage und zur Musikprogrammierung. Eine typische Softwaredistribution erfolgte über Cartridges oder Kassetten, die problemlos auf anderen MSX-Geräten liefen – das war der große Vorteil des Standards. Der Preis für den YC-64 betrug in Japan umgerechnet etwa 45.000 Yen. Inflationsbereinigt entspricht das im Jahr 2025 einem Betrag von ca. 280 €, wobei die Preise regional schwankten und das Gerät in Europa kaum offiziell vertrieben wurde.

Entwickelt wurde das Gerät im Auftrag von Kyocera, das bereits OEM-Erfahrung mit Computern gesammelt hatte. Yashica fungierte vor allem als Marke und Vertrieb. In Frankreich wurde das Gerät unter dem Label Triumph-Adler vermarktet, was zur geringen Verbreitung beitrug, denn der französische MSX-Markt wurde schnell von Philips und Sony dominiert. Die Verkaufszahlen des YC-64 waren entsprechend gering: Schätzungen gehen von weniger als 25.000 verkauften Einheiten weltweit aus. Eine Veröffentlichung in Großbritannien, wo MSX ebenfalls Fuß fassen sollte, unterblieb. Zeitgenössische Presseberichte erwähnten das Gerät nur am Rande – so schrieb die französische Zeitschrift "Hebdogiciel" im Jahr 1985: „Der YC-64 ist gut gebaut, aber zu konventionell, um hervorzustechen. Seine Tastatur ist angenehm, aber ihm fehlt eine echte Persönlichkeit.“

Zu den Entwicklern des Geräts gehörte ein kleines Team von Kyocera-Ingenieuren unter Leitung von Shigeru Yoshida, einem ehemaligen Designleiter bei Sanyo, der sich mit der Miniaturisierung von Schaltkreisen befasste. Yoshida wurde später als Mitentwickler des ersten Kyotronic-Laptops (dem KC-85) bekannt, der als Vorlage für den Tandy 100 diente. Der VDP wurde von TI in Zusammenarbeit mit Yamaha abgestimmt, letztere war ebenfalls stark in der MSX-Spezifikation engagiert. Der Soundchip Entwickler, Paul Zoulidjian, war zuvor bei GI und später bei Microchip Technologies tätig. Er entwarf 1983 den AY-3 8910 und hatte maßgeblichen Einfluss auf das Klangbild ganzer Heimcomputer-Generationen.

Gegenüber der Konkurrenz bot der Yashica YC-64 kaum Alleinstellungsmerkmale. Verglichen mit dem Philips VG-8020 oder dem Sony Hit-Bit HB-75 war er solide, aber uninspiriert. Es fehlte ein eingebauter Datenrecorder, ein zweizeiliges Display oder ein grafisch gestaltetes OS-Menü. Gegenüber dem Spectravideo SV-328, einem Vorläufer des MSX-Standards, war der YC-64 preislich günstiger, aber technisch konservativer. Auch gegenüber dem Commodore 64 konnte das Gerät wenig ausrichten – der C64 hatte besseren Sound, hardwaregestützte Scrolling-Effekte und eine lebendige Spiele-Szene.

Der YC-64 verschwand rasch vom Markt. Die endgültige Aufgabe des Heimcomputerfeldes durch Yashica erfolgte 1986, als die Kameraentwicklung wieder in den Fokus rückte. Nach dem Aufkauf von Yashica durch Kyocera im selben Jahr wurde jegliche Computertätigkeit eingestellt. Der YC-64 blieb somit eine einmalige Episode, heute ein gesuchtes Sammlerstück. Es existieren Nachbauten in Form von OpenMSX-kompatibler Hardware oder als Eintrag in MSX-Emulatoren. Aufgrund der standardisierten MSX-Struktur ist der YC-64 vollständig emulierbar.

Eine kleine Fangemeinde in Frankreich betreibt heute Webseiten, die sich mit seltenen MSX-Modellen beschäftigen. Auf MSX.org finden sich Scanbilder des Motherboards, ROM-Dumps und sogar alternative Keyboard-Mappings für moderne Emulatoren. Die Community schätzt den YC-64 heute weniger für seine Funktionen, sondern mehr als technisches Zeitdokument: eine ambitionierte Kamera-Firma, die kurzzeitig in die Welt der Bits und Bytes eintauchte – und ein Gerät schuf, das funktionierte, aber im Schatten seiner berühmteren MSX-Brüder unterging. Ein ehemaliger Yashica-Mitarbeiter schrieb in einem Forenbeitrag 2011: „It worked. It did everything it was supposed to. But it never felt like ours. We were lens engineers trying to play computer.”

Veröffentlicht in Systeme.

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