Tandy RadioShack

RadioShack Logo 1977
Die Geschichte von Tandy RadioShack ist geprägt von Innovationen im Elektronik- und Computerbereich, ambitionierten Geschäftsstrategien und letztlich einem Niedergang, der auf verschiedene Faktoren zurückzuführen ist. 1921 eröffneten die Brüder Theodore und Milton Deutschmann in Boston, Massachusetts, ein Geschäft namens RadioShack, das sich auf den Verkauf von Geräten für Radio- und Funkamateure spezialisierte. In den frühen 1940er-Jahren erweiterten sie ihr Geschäft um einen Versandkatalog, der maßgeblich zum Wachstum des Unternehmens beitrug.

TRS-80 I
Die Tandy Corporation, ursprünglich 1919 von Norton Hinckley und Dave L. Tandy als Lederwarenunternehmen gegründet, diversifizierte in den 1950er-Jahren ihr Geschäft. Unter der Leitung von Charles Tandy erwarb das Unternehmen 1963 die damals angeschlagene RadioShack-Kette. Dieser strategische Schritt markierte den Einstieg von Tandy in den Elektronikmarkt. Mit einem dichten Netzwerk von Filialen in den USA konnte das Unternehmen Millionen von Kunden erreichen und eine loyale Anhängerschaft aufbauen.
Der TRS-80 Model I wurde 1977 von der Tandy Corporation unter der Marke RadioShack auf den Markt gebracht und gilt als einer der ersten massenproduzierten Heimcomputer. Entwickelt von Steve Leininger, einem Mitglied des Homebrew Computer Club, wurde der TRS-80 am 3. August 1977 zu einem Preis von 599,95 US-Dollar vorgestellt. Unter Berücksichtigung der Inflation entspricht dies im Jahr 2025 etwa 2.500 Euro. Dieses Paket umfasste den Computer selbst, einen 12-Zoll-Schwarzweißmonitor und einen Kassettenrekorder zur Datenspeicherung. Die Unternehmensführung war zunächst skeptisch und plante eine Produktion von lediglich 3.000 Einheiten. Entgegen diesen Erwartungen wurden jedoch allein im ersten Monat 10.000 Geräte verkauft, und im ersten Jahr stieg die Zahl auf 55.000. Bis zur Einstellung des Modells im Januar 1981 wurden insgesamt über 250.000 Einheiten abgesetzt.

TRS-80 Color Computer
Ende der 1970er Jahre startete das „Green Thumb Project“, das von der Organisation „Kentucky Cooperative Extension Service“, einer Verbindung der Landkreise vom US-Bundesstaat Kentucky und der Universität von Kentucky, initiiert wurde. Geplant war hierbei, ein kostengünstiges Videoterminal für Landwirte zu entwickeln, das über die Telefonleitungen und herkömmliche Fernsehgeräte in Echtzeit auf Wetterdaten oder Marktpreise zugreifen konnte. Der Prozessorhersteller konnte den Auftrag für sich gewinnen und fand in Tandy RadioShack einen Produktionspartner. Etwa 200 Testgeräte wurden geschaffen. Die geringe Verbreitung und Nutzung des ursprünglichen „Green Thumb“-Systems deutet darauf hin, dass das Projekt in seiner ursprünglichen Form nicht den erhofften Erfolg erzielte. Dennoch legten die im Rahmen des Projekts gewonnenen technischen Erkenntnisse den Grundstein für die erfolgreiche Entwicklung des TRS-80 Color Computer, den das Unternehmen dann 1980 dem Markt präsentierte. Durch die Kooperation mit Motorola diente dem System ein Motorola 6809E als Hauptprozessor und wich damit vom bisherigen TRS-80 I mit seiner Zilog Z80 CPU ab. Obwohl der Motorola-Chip in den frühen 1980er Jahren mehr als viermal so teuer war wie der Zilog-Prozessor, setzte man diesen aufgrund seiner Effizienz und Leistungsfähigkeit bewusst ein.
Mit seinen Nachfolgern Color Computer 2 (technisch ähnlich, jedoch mit einem kompakteren Gehäuse und mehr Erweiterungsmöglichkeiten) und dem Model 3 (mit 128 KByte RAM und einer Auflösung von 640 x 225 Pixeln bei maximal 64 Farben) konnte sich die Reihe bis 1991 halten und schätzungsweise 1 Million Einheiten verkaufen. In den USA trat der TRS-80 Color Computer in den stark umkämpften Wettbewerb mit anderen Heimcomputern wie dem Commodore VIC-20, den Atari-Heimcomputern und dem Commodore 64. Trotz des umfangreichen Vertriebsnetzes von RadioShack konnte der „CoCo“ im Vergleich zu seinen Konkurrenten nur mäßigen Erfolg verzeichnen. Auf dem deutschen Markt hatte die TRS-80-Reihe insgesamt kaum Bedeutung, da sie ausschließlich über die wenigen Tandy-Fachgeschäfte erhältlich war.

Tandy 2000
Tandy erkannte, dass der TRS-80 praktisch veraltet war und suchte nach einem zukünftigen Nachfolger. Der IBM PC hatte sich gerade zum neuen Star der Szene entwickelt und Tandy wollte diesen Erfolg nutzen. So präsentierte man im Dezember 1983 den Tandy 2000. Dieser basierte auf dem 8 MHz Intel 80186 Mikroprozessor und war im Vergleich zu anderen PC-kompatiblen Computern seiner Zeit deutlich leistungsfähiger. Nach den Plänen des Unternehmens sollte der 2000 ein leistungsfähiger Konkurrent zum IBM PC XT sein, der den älteren 4,77 MHz Intel 8088 Prozessor verwendete. Mit einem 16-Bit-Intel-Prozessor, der mit 8 MHz getaktet war, übertraf er sogar einige frühe 80286-Modelle. Darüber hinaus verfügte er über eine fortschrittliche Farbgrafik, zwei 5,25-Zoll-Diskettenlaufwerke mit je 720 KB Speicherkapazität und eine robust gebaute Architektur. In vielerlei Hinsicht war er seiner Zeit voraus und wurde von vielen als der erste AT-ähnliche Computer in Nordamerika betrachtet – ein mutiger und riskanter Schachzug von Tandy.
Doch genau dieser Fortschritt wurde dem System zum Verhängnis. Der Einsatz der 80186-CPU war ein schwerwiegender strategischer Fehler. Während Intel den Prozessor primär für eingebettete Systeme entwickelt hatte, war er für Desktop-Computer weniger attraktiv. Softwareentwickler vermieden es, für den 80186 zu programmieren, und es gab nur wenige optimierte Anwendungen. Trotz seiner überlegenen Leistung war der Tandy 2000 nicht vollständig IBM-kompatibel, was zu Problemen mit der Softwarekompatibilität führte. Der Todesstoß für den Tandy 2000 kam jedoch mit der Einführung der 80286-CPU – nur zwei Monate nach seiner Markteinführung. Während IBM und andere Hersteller mit dem AT-Standard auf eine zukunftssichere Architektur setzten, war der 80186 bereits technologisch überholt. Damit reduzierte sich die potenzielle Software-Basis weiter. Letztlich ließ RadioShack den Tandy 2000 schnell fallen und bot kaum noch Unterstützung. Nicht verkaufte Geräte wurden später zu Terminals für die eigenen Filialen umfunktioniert – ein ironischer Schlusspunkt, da bereits der ursprüngliche TRS-80 Modell I als Terminal-Ersatz geplant war.

Tandy Radio Shack - Tandy 1000
Der Unternehmensriese IBM veröffentlichte im November 1983 den IBM PCjr, um auf dem großen Markt der Homecomputer Anteile zu sichern. Das Modell war jedoch nur teilweise zum eigenen IBM PC Standard kompatibel und bot mit 128 KByte zu wenig Arbeitsspeicher. Dennoch griff Tandy das grundlegende Konzept auf, um IBM-Kunden aus dem Bildungs und Homecomputer Sektor für das eigene Unternehmen zu gewinnen. Tandy RadioShack übernahm die grafischen Spezifikationen des IBM PCjr sowie dessen Audiofähigkeiten, die dreistimmige Tonausgabe ermöglichten. Der IBM PCjr verwendete ein eigenes Grafiksystem, das auf dem CGA-Standard basierte, jedoch erheblich erweitert wurde. Statt vier standen nun 16 Farben bei einer Auflösung von 320 × 200 Bildpunkten zur Verfügung. Obwohl der Urvater PCjr bereits nach kurzer Zeit den Markt wieder verließ, konnte Tandy sich am Markt behaupten. Mit dem kurioserweise Tandy 1000 genannten Computer (der vermuten ließ, dass er vor dem Tandy 2000 entwickelt wurde) hatte das Unternehmen eines der ersten kompatiblen PC-Systeme entwickelt, das bereits eine Vorstufe der späteren und bis heute gebräuchlichen Chipsätze besaß. Grafikkarte, Soundchip und Joystick-Ports (kompatibel mit den TRS-80-Color-Joysticks) waren ebenso auf dem Motherboard integriert wie der Floppy-Controller und die parallele Schnittstelle. Dazu kamen die üblichen IBM-PC-Anschlüsse: Tastatur-Interface, Erweiterungssteckplätze, DMA, Interrupt-Controller sowie ein Sockel für einen optionalen Co-Prozessor (jedoch nur beim Modell 1000A). Tandy RadioShack hatte mit dem Modell 1000 größeren Erfolg als IBM mit dem PCjr., der bereits nach kurzer Zeit wieder vom Markt verschwand und beinahe das Ende für das damals junge Unternehmen Sierra On-Line (bekannt für Spiele wie Space Quest, King's Quest oder Leisure Suit Larry) bedeutete. Noch bis in die heutige Zeit ist der 1000 in einigen Unternehmen vereinzelt im Einsatz. Für Tandy selbst war dieses Modell der letzte Versuch, den Computermarkt mit eigenen Standards zu erobern. Obwohl noch mehrere Versionen des Ursprungsmodells entwickelt wurden, begann das Unternehmen langsam mit dem Vertrieb unternehmensfremder Modelle — allen voran von Compaq —, da Tandy den Siegeszug der PC-Kompatibilität richtig deutete.
Den darauffolgenden Preiskampf mit Unternehmen wie IBM, Compaq oder Dell im PC-Bereich konnte Tandy langfristig jedoch nicht bestehen. Die zunehmende Konkurrenz durch große Einzelhändler wie Best Buy und Walmart sowie das aufstrebende Internet mit Online-Händlern wie Amazon erschwerten Tandy RadioShack in den 1990er Jahren das Überleben. Das Unternehmen versäumte es, den Übergang zum E-Commerce rechtzeitig zu vollziehen, und setzte weiterhin auf seine stationären Geschäfte. Diese Strategie erwies sich als fatal, da sich das Verbraucherverhalten zunehmend in Richtung Online-Shopping verlagerte. 1993 verkaufte Tandy seine Computerproduktionssparte an AST Research — ein Eingeständnis, dass man im PC-Markt nicht mehr konkurrenzfähig war. Ein weiterer Faktor für den Niedergang waren die hohen Betriebskosten. Das einst so vorteilhafte Filialnetz wurde zur finanziellen Belastung, und die ineffiziente Bestandsverwaltung führte zu erheblichen Problemen. Zudem hatte das Unternehmen Schwierigkeiten, mit den Preissenkungen der Konkurrenz mitzuhalten, was zu einem Rückgang der Gewinnmargen führte.

RadioShack Logo
Im Mai 2000 wurde der Name Tandy aus dem Firmennamen entfernt, und das Unternehmen verlagerte seinen Fokus verstärkt auf Mobilfunkprodukte anstelle von DIY- und Elektronikartikeln — eine Entscheidung, die die Kernzielgruppe eher verwirrte als anlockte. 2010 versuchte man vergeblich, mit Produkten für Arduino, eine Open-Source-Elektronikplattform, die ursprüngliche Kundschaft zurückzugewinnen. Doch der Untergang von RadioShack war nicht mehr aufzuhalten. Im Februar 2015 meldete das Unternehmen Insolvenz nach Chapter 11 an, nachdem es elf Quartale in Folge Verluste verzeichnet hatte. TRS hoffte auf eine Restrukturierung der Schulden, die Schließung unrentabler Filialen und Neuverhandlungen von Mietverträgen, um wieder auf Erfolgskurs zu kommen — jedoch ohne Erfolg. Im März 2017 folgte die zweite Insolvenz nach Chapter 11, und RadioShack wurde schließlich in weiten Teilen liquidiert. Heute existiert das Unternehmen hauptsächlich als Online-Händler und in Form unabhängiger Franchise-Filialen. Es hat sich auf den Verkauf von Elektronikkomponenten und Hobbyelektronik spezialisiert, ist jedoch nur noch ein Schatten seines früheren Selbst.